Am Freitag steht in Potsdam die Wiederwahl des brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) an, und unmittelbar danach sollen die Minister der neuen rot-roten Landesregierung vereidigt werden.

Berlin. Unter anderem wird künftig Volkmar Schöneburg am Kabinettstisch sitzen. Mit diesem Linkspartei-Vertreter soll ausgerechnet ein Mann Justizminister werden, der die untergegangene DDR nicht als "Unrechtsstaat" bezeichnen mag; der vielmehr der Auffassung ist, bei diesem Begriff handele es sich um eine "moralisierende Verdrängungsvokabel" der "BRD". So steht es in einem Aufsatz, den der 51-jährige Jurist 2002 in der Fachzeitschrift "WeltTrends" publizierte. Der Vorsitzende der brandenburgischen Jungen Union, Jan Redmann, hat der SPD deshalb vorgeworfen, gegenüber der Linken eingeknickt zu sein.

Tatsächlich gibt es unter den Sozialdemokraten offenbar keinen Widerstand mehr gegen die Schöneburg-Personalie. SPD-Generalsekretär Klaus Ness sprach am Sonntag von "nicht nachvollziehbaren Angriffen" der Christdemokraten auf Schöneburg. Sehr zur Freude der Linksfraktionsvorsitzenden Kerstin Kaiser, die erneut darauf hinwies, dass Schöneburg 2006 erst nach umfänglicher Prüfung durch den Landtag zum Richter am Landesverfassungsgericht gewählt worden sei.

Sicher ist es kein Zufall, dass Matthias Platzeck ausgerechnet jetzt die Versöhnung mit den Erben der SED einfordert. In einem Essay für die aktuelle Ausgabe des "Spiegels" schreibt Platzeck, auch zwanzig Jahre nach dem Mauerfall ziehe sich "noch immer - und sogar wieder zunehmend - quer durch die ostdeutsche Gesellschaft ein ungesunder Riss". Barrieren seien wieder aufgerichtet worden, Spaltungen hätten sich verfestigt. Platzeck, der sich nach der Landtagswahl vom 27. September gegen ein Weiterregieren mit der CDU und für eine Koalition mit der Linken entschieden hat, nimmt für sich in Anspruch, es "mit dem Prozess der Versöhnung wirklich ernst zu meinen". Er schreibt, im Verhältnis zur Linkspartei als Nachfolgeorganisation der SED gehe es "immer auch um die Last der Geschichte". Diese Macht der Vergangenheit sei zwar gut erklärlich, "aber sie tut Ostdeutschland nicht gut, und sie tut der politischen Kultur in unserer seit 1990 vereinigten Republik nicht gut".

Platzeck schreckt nicht davor zurück, Kurt Schumacher zur Beglaubigung seiner Bündnispolitik heranzuziehen. Der SPD-Vorsitzende, der fast zehn Jahre lang KZ-Häftling gewesen sei, habe 1951 einen versöhnlichen Umgang mit den überlebenden Mitgliedern der Waffen-SS als "menschliche und staatsbürgerliche Notwendigkeit" bezeichnet, heißt es in seinem Essay.

Jan Redmann unterstellt Platzeck hingegen eine machtpolitische Strategie. Es gebe keinen Riss in der ostdeutschen Gesellschaft und auch keine neuen Barrieren. "Aber es gibt eine Diskussion darüber, ob bestimmte Vertreter der Linkspartei inhaltlich und charakterlich geeignet sind, verantwortungsvolle Ämter zu übernehmen." Kritik an Platzecks Kurs kam auch vom Direktor der Stasi-Opfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. Hubertus Knabe warnte davor, die "Verbrechen" der SED zu "bagatellisieren".