Fraktionschef der Südwest-CDU gilt als erzkonservativ und als Grünenfresser. Er übernimmt auch den Landesvorsitz.

Hamburg. Der Kronprinz hat nicht lange gefackelt, als der Thron frei wurde. Die meisten CDU-Oberen in Baden-Württemberg hatten nach dem jähen Abgang von Ministerpräsident Günther Oettinger ihre Sprache noch nicht recht wiedergefunden, da trommelte Fraktionschef Stefan Mappus seine engsten Vertrauten zusammen und warf seinen Hut in den Ring. Gestern, nur zwei Tage später, segnete der Landesvorstand die Personalie ab. Einhellig. Mappus soll sowohl neuer Regierungschef als auch Landesvorsitzender und Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2011 werden.

Damit steht dem 43-Jährigen der Einzug in die Villa Reitzenstein bevor, die Oettinger wegen seines Umzugs als EU-Kommissar nach Brüssel freimachen soll. Mappus hatte zumindest kurzfristig ein ganz anderes Ziel vor Augen, als die landespolitische Nachricht des Jahres im Ländle einschlug. Er wollte mit seiner Familie und den beiden Söhnen Urlaub machen. Ein Besuch der Allianz-Arena in München war fest eingeplant. In einer ersten Reaktion sagte Mappus, er sei von der Entwicklung völlig überrascht worden. In Stuttgart wird ihm das auch abgenommen, obwohl er als ein vom Ehrgeiz besessener Strippenzieher gilt.

Schließlich hat Mappus unter seinem Mentor Erwin Teufel, dem Vorgänger Oettingers, eine Blitzkarriere hingelegt: mit 30 Jahren im Landtag, mit 32 Staatssekretär, mit 37 Umweltminister. Ein Überflieger, zudem Hobbypilot, für den auch in der Politik gilt: "Wenn man gegen den Wind startet, ist der Auftrieb am stärksten." Als Oettinger 2005 ins Amt kam, riss er gegen dessen Willen in einer Kampfabstimmung den Fraktionsvorsitz an sich. Geschenkt haben sich Mappus und Oettinger nie etwas. Das Verhältnis gilt als spannungsgeladen, seit Mappus in der Frage der Nachfolge Teufels 2004 seine Parteifreundin Annette Schavan unterstützt hatte, die dann aber Oettinger unterlag. Die jetzige Bundesbildungsministerin Schavan hat sich dafür brav revanchiert, indem sie als eine der Ersten Mappus als "geborenen Kandidaten" bezeichnete. So sind politische Seilschaften eben.

Allerdings ist der studierte Wirtschaftswissenschaftler CDU-intern umstritten. Ihm eilt der wenig schmeichelhafte Ruf voraus, ein erzkonservativer "Haudrauf" zu sein. Kein Teamspieler. Und nachtragend sei er auch. Der SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Knapp aus Mühlacker wird mit den Worten zitiert: "Wenn die Erde eine Scheibe wäre, würde Mappus rechts runterfallen, so weit rechts steht er schon." Der FDP-Justizminister Ulrich Goll wiederum prägte den Spitznamen: "Mappi-Schnappi, das kleine Krokodil". Mappus klagte - und verlor.

Dass er ein Grünenfresser sei, hat Mappus dann öfter gehört. Etwa als er kürzlich zum Bündnis von CDU, FDP und Grünen an der Saar sagte: "Jamaika finde ich unterirdisch." Schon 2006 soll er Oettinger dazu gedrängt haben, auf Schwarz-Grün in Baden-Württemberg zu verzichten und stattdessen die schwarz-gelbe Koalition fortzusetzen. Vorbei ist die Zeit, als Mappus, der sich selbst mit Franz Josef Strauß vergleicht, in der Union als Rabenschwarzer eher belächelt wurde. Etwa als er mit anderen Konservativen wie Markus Söder (CSU) und Philipp Mißfelder (CDU) eine Mahnschrift verfasste, in der es um deutsche Tugenden, Leitkultur und Familienpolitik ging. Heute gilt er als Wahrer der CDU-Werte. Und nicht ohne Koketterie inszeniert sich der bullig wirkende Mappus als Gegenentwurf zum Noch-Amtsinhaber: kein Nachtmensch, kein Stadtmensch, kein Lebemann.