Ingrida Udre und Rocco Buttiglione sind zwei Namen, die dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger im Kopf herumspuken werden.

Die Lettin und der Italiener waren ebenfalls von ihren Regierungen für die EU-Kommission nominiert worden, bevor das Europaparlament sie durchfallen ließ. Ähnliches könnte Oettinger widerfahren, drohen die ersten Europaabgeordneten. Selbst Kommissionspräsident Barroso soll sich intern verwundert über Merkels Kandidaten geäußert haben.

Dabei ist Oettingers Nominierung ein Beleg für die gewachsene Bedeutung der Europäischen Union. Noch nie hat Deutschland einen amtierenden Ministerpräsidenten in die Brüsseler Behörde entsandt. Wahrscheinlich wären Persönlichkeiten wie Wolfgang Schäuble oder Friedrich Merz in der EU-Hauptstadt auf weniger Vorbehalte getroffen. Aber sie sperrten sich.

Oettinger wird sich in der Anhörung des Europaparlaments auf unangenehme Fragen einstellen müssen. Zum einen nach seinem mangelnden europapolitischen Profil, zum anderen nach einem Fehltritt, der zweieinhalb Jahre zurückliegt: seine Trauerrede auf Hans Filbinger. Oettinger erhob den Marinerichter und späteren Ministerpräsidenten posthum zum Gegner des NS-Regimes und musste sich dafür entschuldigen. Gleichwohl werden ihm die Abgeordneten, wenn sie sich unvoreingenommen nähern, zweierlei nicht absprechen können: Verwaltungserfahrung und Wirtschaftskompetenz - Kernqualifikationen für eine zentrale Rolle in Brüssel.

Ingrida Udre war im Übrigen in eine Parteispendenaffäre verwickelt, und Rocco Buttiglione hatte sich seinerzeit abfällig über alleinerziehende Mütter und Homosexuelle geäußert. Günther Oettinger verdient eine Chance.