Unter dem Eindruck einer schonungslosen Zustands-Analyse ihres künftigen Parteichefs Sigmar Gabriel hat sich die dezimierte SPD-Bundestagsfraktion in der Opposition aufgestellt.

Berlin. Die Abgeordneten billigten gestern die Vorschläge von Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für einen personellen Umbau mit einer deutlich verjüngten Spitze.

Neu sind fünf der weiter insgesamt neun stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden, die ohne Gegenkandidaten gewählt wurden. Dies sind der bisherige SPD-Generalsekretär Hubertus Heil (36), zuständig für Wirtschaft und Arbeit. Dazu kommen: Bayerns SPD-Chef Florian Pronold (36/ Verkehr), die bisherige brandenburgische Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler (49/ Familie, Bildung und Jugend). Der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz (51/Innen und Recht), der bisherige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (65/Außen- und Sicherheit).

Ihre bisherigen Aufgaben als Fraktions-Vize behalten: Elke Ferner (Gesundheit), Ulrich Kelber (Umwelt), Joachim Poß (Finanzen) sowie Angelica Schwall-Düren (Europa). Neue Justiziarin der Fraktion ist die bisherige Justizministerin Brigitte Zypries. Bei den bislang vier parlamentarischen Geschäftsführern soll 2010 ein Posten wegfallen. Der neuen SPD-Fraktion gehören nur noch 146 Mitglieder an, 76 weniger als in der letzten Wahlperiode.

In einer Kampfabstimmung entschied die SPD-Fraktion auch über den künftigen Bundestags-Vizepräsidenten. Dabei setzte sich Wolfgang Thierse an seinem 66. Geburtstag mit 84 Stimmen klar gegen Susanne Kastner (44 Stimmen) durch. Beide waren bislang Parlaments-Vize.

Gabriel war zuvor scharf mit seiner Partei ins Gericht gegangen (das Abendblatt berichtete). In einem Schreiben an einzelne Genossen hatte er der SPD einen "katastrophalen Zustand" bescheinigt. Die Glaubwürdigkeit der Partei sei "tief erschüttert", schrieb Gabriel und plädierte für eine Strukturreform. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier reagierte distanziert: "So spektakulär, wie Sie unterstellen, ist das nicht", sagte er. Unterdessen verzichtete die frühere hessische SPD-Chefin Andrea Ypsilanti auf eine erneute Kandidatur für den Vorstand der Bundespartei.