Der neue SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier hat seine Partei eindringlich vor einem Linksruck gewarnt. “Ich finde es nicht plausibel, dass eine Öffnung nach links mit Hurra die SPD jetzt aus der Krise führen würde“, sagte der gescheiterte Kanzlerkandidat der “Frankfurter Rundschau“.

Berlin. Die SPD habe bei der Bundestagswahl in alle Richtungen Wähler verloren, "aber eindeutig mehr zur Union und FDP als nach links". Deswegen überzeugten ihn die "kurzschlüssigen Antworten" von Parteifreunden nicht, die nun für eine Annäherung an die Linkspartei plädierten.

Im Bund sieht Steinmeier weiter keine Grundlage für eine solche Zusammenarbeit. "Die Linkspartei will raus aus der Nato, sie ist gegen den Lissabon-Vertrag (zur Reform der EU), sie ist blind für finanzpolitische Verantwortung." Daran habe sich auch nichts durch den angekündigten Rückzug von Fraktionschef Oskar Lafontaine ins Saarland geändert: "Im Gegenteil: Die Linkspartei vermeidet ganz bewusst die Debatte über ein Parteiprogramm, weil sich mit Populismus schick Stimmen gewinnen lassen." Der scheidende Außenminister widersprach vier Wochen vor dem Parteitag in Dresden auch der Forderung des designierten SPD-Vizes Klaus Wowereit nach Rücknahme der Rente mit 67: "Wir dürfen den Menschen nichts vormachen. Die Menschen leben länger, bekommen länger Rente, und weniger Junge zahlen in die Rentenkasse ein." Daher müssten die gesetzlichen Altersgrenzen behutsam angehoben und gleichzeitig flexible Übergänge geschaffen werden. Der Kritik Wowereits, mit "Rentenmathematik" gewinne man keine Wahlen, hielt Steinmeier entgegen, die Auswirkungen der alternden Gesellschaft auf die Sozialsysteme seien "Mathematik und die schlichte Wahrheit". Die SPD habe keinen Grund, wegen der zurückliegenden elf Regierungsjahre ein "schlechtes Gewissen" zu haben: "Ich bin stolz auf das, was die SPD geleistet hat", betonte Steinmeier.

Auch die SPD-Linke rückt von Forderungen nach einer schnellen Annäherung an die Linkspartei ab. Alle Flügel müssten sich darauf konzentrieren, die SPD nach dem Wahldebakel wieder nach vorn zu bringen, heißt es bei führenden Parteilinken. Angesichts eines SPD-Ergebnisses von 23 Prozent wäre es deshalb geradezu lächerlich, sich schon jetzt auf eine Koalition mit der Linken festzulegen. In einer internen Sitzung will die SPD-Linke an diesem Wochenende ihren Kurs für den Parteitag abstecken.

Union und FDP hat Steinmeier vorgeworfen, die Bürger über ihre wahren Regierungspläne zu täuschen. Der Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb werde eine "Halbwertzeit" bis zur nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Mai 2010 haben. "Bis dahin will Schwarz-Gelb den Menschen bittere Wahrheiten vorenthalten." Kritik übte Steinmeier an den von Union und FDP angestrebten Steuersenkungen. "Das passt alles nicht zusammen und wird auch nicht funktionieren. Man kann nicht Steuern senken, ohne zu sagen, wie das bezahlt wird", sagte er. Offenbar wolle sich die neue Koalition das Geld unter anderem von den Autofahrern zurückholen, vermutete Steinmeier. Vor der Wahl habe Kanzlerin Angela Merkel die Pkw-Maut ausgeschlossen, jetzt lasse sie sie prüfen. "Ich wette: Am Ende kommt die Maut."