Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, fordert eine Reform der Hartz-IV-Gesetze. Wowereit reagiert überrascht.

Hamburg/Düsseldorf. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) fordert eine Revision der Hartz-IV-Gesetze. In einem am Sonnabend vorab verbreiteten Bericht des Hamburger Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ sagte Rüttgers: „Hartz IV ist ungerecht.“ Der CDU-Bundesvize fügte hinzu: „Wenn es gelänge, die gröbsten Ungerechtigkeiten abzuschaffen, wäre eine Menge erreicht.“ Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) geht derweil davon aus, dass es wegen der Rüttgers-Forderung nach einer Revision der Hartz-IV-Gesetze zu einem Richtungsstreit in der Union kommen wird.

Rüttgers sagte, die neue schwarz-gelbe Koalition auf Bundesebene müsse das Schonvermögen erhöhen, damit Empfänger des Arbeitslosengeldes II mehr von jenem Geld behalten dürften, das sie für das Alter gespart hätten. „Momentan werden sie schlechter behandelt als diejenigen, die gar nichts zurückgelegt haben“, sagte der NRW-Regierungschef. Das sei nicht gerecht. Außerdem sei es gut, wenn die Betroffenen mehr dazuverdienen könnten, ohne dass es auf ihre Sozialleistungen angerechnet werde.

Rüttgers warnte Union und FDP vor einer Politik des Kahlschlags: „Es dürfen sich jetzt nicht diejenigen durchsetzen, die sich gut fühlen, wenn sie die Menschen mit Kürzungen bedrohen, die Angst erzeugen, statt Hoffnung zu wecken.“ Die neue Bundesregierung müsse bei ihren Vorhaben immer an die Wahl in seinem Bundesland im kommenden Mai denken. „Jeder in Berlin weiß: Wenn wir die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen verlieren, ist die Mehrheit im Bundesrat weg“, warnte Rüttgers.

Wowereit warf gegenüber dem „Tagesspiegel am Sonntag“ Rüttgers vor, aus „Angst“ vor einer Niederlage bei der Landtagswahl im Mai 2010 die Union in eine soziale Richtung rücken zu wollen. Das berge für die CDU-Parteichefin Angela Merkel allerdings die Gefahr, jene Wähler zu enttäuschen, die eine strikt konservative Politik für Deutschland wollen. „Ich bin gespannt, wie dieser Richtungskampf ausgeht“, sagte Wowereit.