Am Ende müssen sich unschöne Dinge zugetragen haben. Christoph Matschie wurde jedenfalls erstaunlich persönlich, als er in Erfurt den Abbruch der Sondierungsgespräche mit der Linkspartei bekannt gab: “Wenn wir ein linkes Bündnis versucht hätten“, meinte der thüringische SPD-Chef, “dann wären das fünf Jahre Selbsthilfegruppe Bodo Ramelow geworden.“

Berlin. Ramelow seinerseits beließ es bei der knappen Bemerkung, er ziehe es vor, ehrlich Opposition zu machen, statt "an einer unehrlichen Landesregierung teilzunehmen". Die Wut stand dem Spitzenkandidaten allerdings ins Gesicht geschrieben. Genau wie seinem Landesvorsitzenden Knut Korschewsky, der von "Wählerbetrug" sprach und böse meinte, Matschie habe in den Gesprächen mit der Linken nur nach Gründen gesucht, "mit der CDU ins Bett gehen zu können".

Wider Erwarten wird es in Thüringen also doch zur Bildung einer schwarz-roten Regierung kommen. Der SPD-Landesvorstand hat seine Entscheidung in der Nacht zum Donnerstag nach stundenlangem Ringen mit 18 zu sechs Stimmen getroffen.

Matschie erklärte anschließend, von einer Koalition mit den Christdemokraten verspreche er sich "mehr Stabilität". In den Sondierungen mit der Linken sei es schwer gewesen, Vertrauen zu entwickeln: "Wir sind überzeugt, dass der Politikwechsel, den wir mit der Wahl angestrebt haben, mit der CDU bei wichtigen Themen umsetzbar ist." Er rechne damit, dass die Koalitionsgespräche bereits am kommenden Dienstag beginnen können. Es gehe darum, möglichst rasch eine handlungsfähige Koalitionsregierung zu bilden. Am Ende müsse ein Parteitag entscheiden.

Dieser Parteitag wird turbulent werden. Während des entscheidenden Treffens zwischen SPD und Linker hatten Jusos vor dem Sitzungssaal ein Tuch mit dem Slogan "Schwarz-Rot ist unser Tod!" hochgehalten. Thüringens Juso-Vorsitzender Peter Metz hat bereits angekündigt, dass man sehr genau prüfen werde, "wie viel SPD in dem Koalitionsvertrag steht".

Aus dem ersten rot-rot-grünen Bündnis, dem "neuen Kapitel in der bundesdeutschen Politik" (Ramelow), ist also nichts geworden, obwohl es nach außen vier Wochen lang danach ausgesehen hatte. SPD und Linke hatten einig gewirkt in dem Entschluss, die CDU, die am 30. August ihre absolute Mehrheit verloren hat, aus der neuen Landesregierung herauszuhalten. Gegenseitig hatten sie sich Zugeständnisse abgerungen: Die Linke, die aus den Landtagswahlen als zweitstärkste Partei hervorgegangen war, hatte ihren Verzicht auf das Amt des Ministerpräsidenten erklärt, und die SPD hatte eingesehen, dass sie Christoph Matschie nicht durchsetzen konnte. Aus Sicht der Sozialdemokraten ist das Fass offenbar übergelaufen, als die Linkspartei eine Art "Findungskommission" einsetzen wollte und die Namen von Gesine Schwan und Wolfgang Tiefensee ventiliert wurden. Jetzt wird voraussichtlich Christine Lieberknecht Ministerpräsidentin von Thüringen werden. Die CDU-Politikerin meinte Donnerstag, sie sehe "keine unüberwindbaren Hindernisse". Matschie sprach von einer 80-prozentigen Übereinstimmung. Offenbar hat die CDU bereits ihren Widerstand gegen das Zusatzangebot einer Gemeinschaftsschule aufgegeben, in der die Kinder bis zur achten Klasse gemeinsam lernen, bevor sie aufs Gymnasium wechseln. Auch will sie wohl dem Anspruch auf Kindergartenplätze schon für Einjährige nicht im Wege stehen. Übereinstimmung besteht beim Ausbau erneuerbarer Energien und in puncto Rentenangleichung zwischen Ost und West.