Der ehemalige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) hat die Ereignisse in der Prager Botschaft vor 20 Jahren als wichtigen Meilenstein der friedlichen Revolution bezeichnet.

Prag. "Die Menschen wollten ihre Freiheit erreichen, aber sie haben in Wahrheit auch Geschichte geschrieben", sagte Genscher gestern in Prag bei einem Empfang in der deutschen Botschaft. Die Ausreise der Menschen aus dieser und anderen Botschaften hätte eine große Signalwirkung gehabt. "Das Volk in der DDR ließ sich nicht länger einsperren." Genscher sagte, der Tag sei für ihn unvergesslich. Er sei unendlich dankbar und demütig, dass er an der Freilassung habe mitwirken können. Der damalige Kanzleramtsminister Rudolf Seiters sagte, auch für ihn gehörten die Ereignisse in Prag zu den emotionalsten in seinem Leben. Beide erinnerten zugleich an die schwierige Situation in der Botschaft: Die Menschen hätten auf den Treppen ausharren müssen, der Garten sei verschlammt gewesen. Manch einer habe die Hoffnung wohl schon aufgegeben, sagte Genscher.

Am 30. September 1989 war der damalige Bundesaußenminister kurz vor 19 Uhr auf den Botschaftsbalkon im Palais Lobkowitz getreten und hatte sich an die im Garten ausharrenden DDR-Flüchtlinge gewandt. "Liebe Landsleute", rief er den Menschen zu, "wir sind gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Ausreise ..." Der Rest der Ansprache ging im Jubel unter. Die bewegenden Bilder von den Flüchtlingen, die sich in den Armen lagen und vor Erleichterung weinten, gingen um die Welt. Noch in der Nacht begann die Ausreise über das Gebiet der DDR in den Westen.