Guido Westerwelle, dem Guidomobil entwachsen und in den Augen seiner Wähler als Staatsmann gereift, ist der große Sieger der Bundestagswahl.

Er renne nicht jedem Rockschoß hinterher, hat er gegen die Kanzlerin gegiftet, als die vor ein paar Wochen so gar nicht erkennen lassen wollte, dass sie Schwarz-Gelb für das beste Zukunftsbündnis hält. Heute, am Tag nach dem enttäuschenden Unionsergebnis, muss sich die deutlich geschwächte CDU-Chefin Angela Merkel beim stärksten FDP-Chef aller Zeiten bedanken, dass er treu geblieben ist.

Guido Westerwelle, dem Guidomobil entwachsen und in den Augen seiner Wähler als Staatsmann gereift, ist der große Sieger der Bundestagswahl.

In der SPD, gebeutelt vom schlechtesten Ergebnis seit 1949, ergreifen bereits diejenigen das Wort, die ein Linksbündnis mit den immer stärkeren Kräften um Oskar Lafontaine und Gregor Gysi anstreben. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit spricht offen von "Erneuerung" und "Verjüngung" in der SPD, was nichts anderes heißt als: Ich bin bereit für Links-Links. Insofern ist der Abend der größten Niederlage für die Sozialdemokraten auch ein Aufbruch in die Vergangenheit. Das mag gut für kommende Machtoptionen der Partei sein, aber es ist schlecht für unser Land. Die Grünen haben dazugewonnen und doch verloren: Zurückgefallen auf den fünften Platz müssen sich die Joschka-Fischer-Nachfolger fragen, wohin die Reise mittelfristig gehen soll: nach Osten zu Wowereit und Gysi oder nach Jamaika zu Merkel und der FDP.

Westerwelle führt die Liberalen nun zurück in die Regierung, und er wird Anspruch auf mehr Ministerien haben als jemals zuvor. Die FDP ist damit nicht mehr nur der knapp über der Fünf-Prozent-Hürde schwächelnde Mehrheitsbeschaffer einer starken Union, sie ist unter Westerwelle zum wirtschaftspolitischen Kern und Gewissen der bürgerlichen Koalition aufgestiegen. Daraus leitet sich Macht ab und mit ihr eine hohe Verantwortung.

Traditionell besetzt die FDP in einer bürgerlichen Regierung das Auswärtige Amt. Westerwelle, der in der großen Tradition von Hans-Dietrich Genscher steht, hat seit gestern Anspruch auf den Posten des Außenministers. Aber in einer Zeit, in der alle Traditionen - ob auf dem Arbeitsmarkt, bei Managergehältern, in der Gesundheits-, Sicherheits- und Rentenpolitik - dringend auf den Prüfstand müssen, sollte Westerwelle Mut zum neuen Denken beweisen und ein Superministerium aus Wirtschaft und Finanzen fordern - und dieses dann auch selbst führen. Er wurde wegen seines wirtschaftspolitischen Programms gewählt und nicht für seine außenpolitischen Ansichten. Und: In der Krise sind Wirtschaft und Finanzen mindestens genauso wichtig wie die internationalen Beziehungen.

Westerwelle könnte als Superminister dennoch wie einst Ludwig Erhard Vizekanzler werden und damit die zukunftsentscheidende Wirtschaftskompetenz in der Regierungsspitze verankern. Das Auswärtige Amt wäre in einem solchen Kabinett frei für den CSU-Hoffnungsträger Karl-Theodor zu Guttenberg - und der liefe sich auf der internationalen Bühne schon einmal als Kanzlerkandidat warm.