Viel schlimmer hätte es für ARD, ZDF, RTL und Sat.1 nicht kommen können. Schon bei der Prognose um 18 Uhr stand fest: Die Bundesregierung wird künftig von Union und FDP gestellt. Die Spannung war aus den Wahlsendungen raus, bevor sie so richtig begonnen hatten.

Hamburg. Dabei hatte man in der ARD ein zweites Modell entwickelt für die Sitzverteilung mit Berücksichtigung der Überhangmandate, auf die es angeblich ankommen sollte. Und noch zehn vor sechs versuchte WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn, die Spannung anzuheizen: "Unsere Zahlen haben mit denen von Twitter nichts zu tun", sagte er. Das war nicht so ganz richtig. Einige der über den Kurznachrichtendienst verbreiteten Ergebnisse, die von irgendwelchen Insidern herausposaunt worden waren, lagen sehr nahe an den Prognosen der Sender. Die radikalste Konsequenz aus der fehlenden Spannung zog Sat.1. Obwohl der Sender bis 20 Uhr über die Wahlen berichten wollte, stieg er bereits kurz nach 19 Uhr aus und zeigte eine Reportage über die Polizei. Da hatten sich die Wahlsieger noch gar nicht zum Ergebnis geäußert.

Am Wahlabend gab es für die Sender also nicht viel zu gewinnen. Ihre Berichterstattung unterschied sich - von den Prognosen bis zu den Interviews - nur in Nuancen. Die Idee der ARD, bereits vor 18 Uhr eine Runde mit Spitzenpolitikern aller im Bundestag vertretenen Parteien zu versammeln, wurde belohnt. So gab es im Ersten unmittelbar nach Bekanntgabe der Prognose auch Statements der Vertreter von FDP, Linken und Grünen, den eigentlichen Siegern der Wahl.

Beim ZDF standen dagegen nur Klaus Wowereit (SPD) und Christian Wulff (CDU) für Auskünfte bereit. Erstaunlicherweise ließ das Zweite in den Minuten nach Bekanntgabe der Prognose sehr ausführlich die Chefredakteure von "Focus" und "Zeit", Helmut Markwort und Giovanni di Lorenzo, zu Wort kommen. Es gilt nicht unbedingt als publizistische Meisterleistung, wenn Journalisten Journalisten interviewen.

Pech hatte das ZDF mit seiner Übertragung aus dem Willy-Brandt-Haus. Es zeigte als einziger Sender eine längliche Rede von Franz Müntefering, wohl in der Hoffnung, er werde sich zu seiner Zukunft als SPD-Parteivorsitzender äußern. Das tat er aber nicht, sondern erst später im Interview mit der ARD.

Dafür hatte das Zweite als erster Kanal Angela Merkel vor dem Mikrofon. Doch Peter Hahne, der noch breiter lächelte als die Kanzlerin, lieferte mit Fragen wie, "Haben Sie schon mit Herrn Westerwelle telefoniert?" nur die Simulation eines Interviews ab.

Erstaunlich müde verlief auch die "Berliner Runde" mit den Spitzenkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien. Das lag aber nicht an dem wie immer präzise und klug nachfragenden ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. Es dürfte seine letzte "Berliner Runde" gewesen sein. Die Union unter Führung des CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch will verhindern, dass sein Vertrag verlängert wird.

War sonst noch was? Auf RTL wirbelte ein Moderator an einer Monitorwand mit Touchscreen-Funktion virtuos mit dem Datenstift herum. Und im Gegensatz zu den anderen Sendern vergaß die ARD nicht zu erwähnen, dass die Piratenpartei aus dem Stand einen Stimmenanteil von zwei Prozent erreicht hatte.

Aber auch das konnte den langweiligen TV-Wahlabend nicht mehr retten.