Islamisten zeigen Orte möglicher Anschläge in Deutschland. Experten sehen “deutliche Bedrohung“.

Hamburg. Es ist bereits die siebte Terrorbotschaft an die Bundesrepublik seit dem 11. September. Doch die Drohung der Taliban, die am Freitagabend im Internet auftauchte, ist, so ein deutscher Sicherheitsbeamter zu "Spiegel Online", "das konkreteste Drohvideo, das sich je gegen Deutschland richtete". Es würden Orte für mögliche Anschläge gezeigt und Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung "konkret als Zielpersonen eingeblendet", sagte der Beamte. "Das gab es in dieser expliziten Form noch nie."

Auf dem Video sind Bilder vom Hamburger Hauptbahnhof, dem Brandenburger Tor, dem Oktoberfest, dem Kölner Dom und der Frankfurter Skyline eingeblendet, während ein deutschsprachiger Taliban-Kämpfer, der sich "Ajjub" nennt, sagt: "Erst durch euren Einsatz hier gegen den Islam wird ein Angriff auf Deutschland für uns Mudschaheddin verlockend." Es sei nur eine Frage der Zeit, bis "der Dschihad die deutschen Mauern einreißt".

Stefan Paris, Sprecher des Bundesinnenministeriums: "Wir nehmen das Video sehr ernst. Aber es ergibt sich daraus keine konkrete Terrorgefahr." Experten des Bundeskriminalamtes halten das Video für authentisch. Wer sich hinter dem Kampfnamen "Ajjub" verbirgt, ist unklar. Bisher sei nicht bekannt gewesen, dass die Taliban über deutsche oder deutschsprachige Rekruten verfügen. Dass die Ansprache des deutschsprachigen Taliban-Kämpfers aktuell ist, ergibt sich daraus, dass er das von einem deutschen Oberst angeordnete Bombardement zweier Tanklaster in Nordafghanistan anspricht. Bei dem Angriff am 3. September waren auch mehr als 30 Zivilisten ums Leben gekommen. Dem Bericht zufolge fordert der Kämpfer auf dem Video indirekt Rache für diese Aktion.

Wenige Stunden vor der Taliban-Drohung hatte sich bereits Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden kurz vor der Bundestagswahl zu Wort gemeldet. Der Terrorchef richtete sich zwar an die "europäischen Völker", doch das Standbild Bin Ladens, das während der fünfminütigen arabischen Ansprache zu sehen war, war nicht nur mit englischen, sondern auch mit deutschen Untertiteln versehen.

Die Stimme, die zu hören ist, fordert den Abzug der europäischen Soldaten aus Afghanistan und einen Rückzug aus der Allianz mit den USA. Zahlreiche Menschen würden in Afghanistan getötet. Dies sei ein "gewaltiges Unrecht". "Und gewiss gehört es zur Gerechtigkeit, dass ihr mit eurem Unrecht aufhört und eure Soldaten abzieht", sagt die Stimme. Den Europäern gibt er eine Mitschuld an den Luftangriffen der Nato auf Zivilisten in Afghanistan und droht direkt: "Wie glaubt ihr wohl, wie es euch ergehen wird, wenn sich Amerika - so Allah will - zurückzieht und wir im Namen der Unterdrückten an den Unterdrückern Vergeltung üben?"

Auch der aus Bonn stammende Islamist Bekkay Harrach schlug mit seinem nunmehr dritten Video zu. Titel: "O Allah, ich liebe dich (II)". Diese neue Botschaft von Harrach alias "Abu Talha" innerhalb weniger Tage wurde in der Nacht zum Freitag im Internet eingestellt. Harrach wirbt darin für die Teilnahme am bewaffneten Dschihad. "Dieses Werben erfolgt abstrakt und ohne Bezugnahme auf bestimmte Regionen oder Schauplätze", sagte Ministeriumssprecher Paris.

Wie aktiv die Planungen des Al-Qaida-Netzwerks noch immer sind, zeigt eine Festnahme in den USA. Die Bundespolizei FBI nahm am Donnerstag in Dallas einen Jordanier fest. Der 19-jährige Hosam Maher Husein Smadi wollte einen Wolkenkratzer in der texanischen Stadt in die Luft sprengen.