Der Bonner Islamist Bekkay Harrach meldet sich erneut zu Wort. Angeblich soll die Stadt Kiel verschont bleiben.

Hamburg. Innerhalb von zwei Tagen sind gleich zwei an Deutschland gerichtete Drohungen der Terrororganisation al-Qaida im Internet aufgetaucht. Gestern ist auf einer Propagandaseite ein Video veröffentlicht worden, in dem sich erneut der aus Bonn stammende Islamist Bekkay Harrach zu Wort meldete. Unter dem Titel "O Allah, ich liebe dich" ist darin ein Standbild Harrachs alias "Abu Talha" mit verhülltem Gesicht zu sehen, während eine Tonaufnahme läuft. Sowohl das Bundesinnenministerium als auch das Bundeskriminalamt (BKA) bestätigten, dass das Video echt sei. Es handle sich um einen deutschen Text, der an Deutschland gerichtet sei, aber keine konkrete Anschlagsdrohung enthalte, sagte eine BKA-Sprecherin. Die Bundesanwaltschaft erklärte, es handele sich um eine "Art Missionierungsvideo".

Bereits am Freitag war allerdings ein Film aufgetaucht, in dem Harrach durchaus Drohungen aussprach. Der 32 Jahre alte ehemalige Student der Wirtschaftsmathematik tritt darin mit schulterlangen gegeltem Haar und schwarzem Anzug auf und fordert den sofortigen Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan, andernfalls drohe Deutschland nach der Wahl am 27. September ein "böses Erwachen".

Harrach ist den deutschen Sicherheitsbehörden bekannt. Dieses Jahr hat er sich nun schon das vierte Mal mit Drohvideos an die Bundesrepublik gerichtet. Nach Erkenntnissen der Behörden hat er Zugang zu Führungsstrukturen al-Qaidas.

Eine Videopassage zu Kiel gibt hingegen Rätsel auf. Wörtlich sagte Harrach: "Die Stadt Kiel bleibt unabhängig davon, wie lange der Konflikt in Deutschland dauert, eine sichere Stadt. Dafür stehe ich mit meinem Namen." Der Terrorexperte Berndt-Georg Thamm hält die Botschaft für einen Teil der "psychologischen Kriegsführung" des Islamisten. "Es geht darum, Verunsicherung zu schaffen. Jeder rätselt jetzt, was das mit Kiel soll", sagte Thamm. Über Kontakte Harrachs in die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt sei bisher nichts bekannt.

Dass in Kiel Terroristen auftauchten, ist jedoch bekannt. Weil er al-Qaida unterstützt hatte, war etwa der bis dahin dort lebende Deutsch-Marokkaner Redouane E. H. 2008 zu fünf Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt worden. Laut Anklage hatte er Selbstmordattentäter für den Einsatz im Irak rekrutiert.

Unabhängig von den neuen Videos wurden die Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland derweil verschärft. An Flughäfen und großen Bahnhöfen patrouillieren vermehrt Bundespolizisten mit Schutzwesten und Maschinenpistolen. Die Sicherheitsbehörden setzten damit allerdings nur ein seit Längerem geplantes Konzept um, das laut Bundesinnenministerium für die Zeit um die Bundestagswahl schon vor einigen Wochen beschlossen worden war.

Politiker mahnten zur Wachsamkeit, warnten aber vor Panik. "Ich denke, dass unsere Sicherheitsbehörden das zu Recht sehr ernst nehmen. Das ist eine gezielte Ansage vor der Bundestagswahl", sagte der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz.

"Wir müssen dieses Drohvideo sicherlich sehr ernst nehmen", warnte auch der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Im Deutschlandfunk fügte er hinzu, dass es aber "keine speziellen, konkreten Drohungen gegen bestimmte Ziele" gebe.

FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte, dass Deutschland nicht zulassen dürfe, dass Afghanistan gewissermaßen über Nacht wieder zu einem Rückzugs- und Organisationsgebiet der Terroristen der Welt werde. "Wir wollen so schnell wie möglich raus aus Afghanistan, aber nicht kopflos", sagte er.

In Afghanistans Nachbarland Pakistan haben unterdessen Regierungstruppen bei Gefechten im Swat-Tal nach eigenen Angaben mindestens acht Kämpfer der radikalislamischen Taliban getötet. Wie die Armee am Sonntag mitteilte, wurden bei den Militäraktionen 48 weitere Aufständische gefangen genommen. Ein ranghoher Taliban-Anführer sei im Gefängnis gestorben