Nach Veröffentlichung des neuen Terror-Drohvideos, reagieren die Sicherheitsbehörden mit erhöhter Polizeipräsenz.

Berlin. Angesichts islamistischer Terrordrohungen sind in Deutschland die Sicherheitsvorkehrungen deutlich verschärft worden. An Flughäfen und großen Bahnhöfen patrouillieren Bundespolizisten mit schweren Schutzwesten und Maschinenpistolen. Nach Angaben der Bundespolizei in Potsdam haben die Drohungen von Al Qaida und anderen islamistischen Organisationen gegen Deutschland eine neue Qualität erreicht. Zusätzliche Sorge bereitet ein im Internet aufgetauchtes Drohvideo des mutmaßlichen Al Qaida-Terroristen Bekkay Harrach.

Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) warnte jedoch vor Panikmache. Für das an diesem Sonnabend gestartete Münchener Oktoberfest, mit sechs Millionen Besuchern das größte Volksfest der Welt, gebe es keine konkrete Anschlagsdrohungen.

In dem neuen Video fordert der aus Bonn stammende Islamist Harrach den sofortigen Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan. Anderenfalls drohe Deutschland nach der Bundestagswahl am 27. September „ein böses Erwachen“. Harrach rät den Muslimen in Deutschland, sich zwei Wochen nach der Wahl aus der Öffentlichkeit fernzuhalten. Damit wird erstmals ein konkreter Zeitrahmen für mögliche Anschläge rund um die Wahl genannt.

„Wir müssen dieses Drohvideo sicherlich sehr ernst nehmen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann im Deutschlandfunk. Herrmann betonte, es gebe aber aus seiner Sicht keinen Grund, in Panik zu verfallen. „Harrach ist ein bekannter Islamist, der schon länger beobachtet wird“, sagte Herrmann. „Auf der anderen Seite ist klar, mit diesen Videos soll natürlich auch Politik gemacht werden. Da soll Schrecken in der deutschen Bevölkerung verbreitet werden.“ Für das Oktoberfest gebe es aber keine konkreten Drohungen. Die Polizei sei aber rund um die Wiesn stark präsent. „Aber es gibt keine speziellen, konkreten Drohungen gegen bestimmte Ziele, weder in München, noch in Berlin, Hamburg oder sonst irgendwo.“

Der Terrorexperte Berndt Georg Thamm sagte, Deutschland liege im Fokus des „Dschihad-terroristischen Interesses“. Solche Drohungen wie von Harrach seien auf jeden Fall ernstzunehmen. „Denn das sind ja sogenannte Märtyrer-Konvertiten, das heißt Deutsche, die aus unterschiedlichen Gründen zum Islamismus konvertiert sind und sich radikalisiert haben“, sagte Thamm. Man dürfe nicht nur das Augenmerk auf mögliche Anschläge in Deutschland legen. „Am höchstgefährdeten sind, denke ich, nach wie vor Deutsche außerhalb Deutschlands, insbesondere Bundeswehrsoldaten und deutsche Entwicklungshelfer in der Hindukusch-Region.“

Seit Freitag gelten unter anderem an Flughäfen und auf Bahnhöfen verschärfte Sicherheitsmaßnahmen. Auch rund um besonders gefährdete Einrichtungen wie etwa das jüdische Museum in Berlin wurden die Vorkehrungen erhöht. Herrmann betonte: „Wir können nicht jeden Quadratmeter in Deutschland rund um die Uhr entsprechend bewachen.“ Es gelte, Schwerpunkte zu setzen.

Über Harrachs aktuellen Aufenthaltsort gibt es keine gesicherten Angaben. Auf Deutsch sagt er in dem Video mit Blick auf die Wahl: „Entscheidet das Volk sich (...) für eine Fortsetzung des Krieges, hat es sein eigenes Urteil gefällt. Die Bundestagswahl ist die einzige Möglichkeit des Volkes, die Politik des Landes zu gestalten.“ Weiter heißt es: „Mit Abzug des letzten deutschen Soldaten wird auch der letzte Mudschahedin aus Deutschland abgezogen.“

In dem Video tritt Harrach ungewöhnlich gekleidet auf: mit schulterlangen Haaren und schwarzem Anzug samt hellblauer Krawatte. Harrach, ein Deutscher marokkanischer Herkunft, ist kein Unbekannter. Er trat bereits in mehreren Videos von Al Qaida auf, die seit Anfang des Jahres im Internet veröffentlicht wurden.



Die Sicherheitsbehörden beobachten seit Monaten verstärkte Aktivitäten und Reisebewegungen von verdächtigen Personen. Nach Feststellung des Bundesinnenministeriums bietet die Wahl einen besonderen Ansatz für propagandistische und operative Ziele terroristischer Gruppen. Die Sicherheitsbehörden gingen daher von einer erhöhten Gefährdungslage aus, auf die sie mit lageangepassten Sicherheitsmaßnahmen reagierten, hieß es.