Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach fordert von seiner Partei “glasklare Auseinandersetzung“ mit den SED-Erben.

Berlin. Das Rennen um die Macht im Bund wird auf der Zielgeraden doch noch spannend. Im neuen Wahltrend von "Stern" und RTL sind Union und FDP erstmals seit Januar unter die 50-Prozent-Marke gefallen. CDU und CSU verloren der gestern veröffentlichten Umfrage des Instituts Forsa zufolge einen Prozentpunkt und erreichen nun 35 Prozent. Die FDP blieb bei 14 Prozent. Gestärkt wurde nicht die SPD, aber die Linke.

Nach ihren Wahlerfolgen in Thüringen und im Saarland und beeinflusst von der Diskussion über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr legte sie um vier Punkte zu und zog mit nun 14 Prozent mit der FDP gleich. Die SPD verlor einen Punkt auf 21 Prozent, die Grünen zwei Punkte auf nun zehn Prozent.

Zweieinhalb Wochen vor der Bundestagswahl verfügen Union und FDP damit noch über einen Vorsprung von vier Prozentpunkten vor den übrigen Parteien, zwei Prozentpunkte weniger als eine Woche zuvor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) liegt im direkten Vergleich mit ihrem Herausforderer Frank-Walter Steinmeier (SPD) aber weiterhin mit 53 Prozent zu 20 Prozent klar vorn. Allerdings verringerte sich der Abstand auch hier im Vergleich zur Vorwoche um sechs Prozentpunkte.

"Natürlich wären mir andere Zahlen lieber, aber nach dieser Umfrage kann zumindest niemand mehr sagen, er habe nicht gewusst, wie knapp das Rennen wird und worum es bei dieser Bundestagswahl geht. Deutschland steht vor einer Richtungsentscheidung von historischer Bedeutung", sagte Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach dem Hamburger Abendblatt in einer ersten Reaktion. "Entweder das Land biegt nach links in eine völlig ungewisse Zukunft ab, oder es bekommt eine stabile bürgerliche Regierung. Dazu bedarf es einer glasklaren und mit aller Kraft geführten Auseinandersetzung mit Rot-Grün und der Linkspartei. Es bringt nichts, um den heißen Brei herumzureden", forderte Bosbach von seiner eigenen Partei mehr Schärfe in der Auseinandersetzung. Er bekräftigte: "Wir müssen jedem bürgerlichen Wähler in aller Deutlichkeit sagen, was am 27. September auf dem Spiel steht."

Tatsächlich konnte sich die Linke auch in einer Allensbach-Erhebung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gegenüber der Vorwoche um zwei Punkte auf 11,5 Prozent verbessern. Die FDP verlor einen Punkt auf 13 Prozent. Die anderen Parteien verschlechterten sich jeweils um einen halben Punkt.

Die CDU/CSU erreichte damit 35 Prozent, die SPD 22,5 Prozent. Die Grünen landeten bei 13 Prozent. Damit hätte Schwarz-Gelb mit 49 Prozent einen Vorsprung von einem Punkt gegenüber den anderen drei Parteien.

Forsa-Chef Manfred Güllner erklärte die starken Gewinne für die Linkspartei vor allem mit der Diskussion über rot-rote Bündnisse im Saarland und Thüringen. Wenn die SPD jetzt die Schleusen nach links öffne, mache sie die Linke salonfähig, sagte er dem "Stern". Viele Wähler würden dann gleich zu den "radikalen Vereinfachern" gehen. Grundsätzlich ähnlich argumentiert auch die Linkspartei selbst. Ulrich Maurer, parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion, sagte dem Abendblatt: "Die unklare Haltung, die die SPD uns gegenüber einnimmt, wird von den Menschen nicht honoriert. Aber wir werden nicht übermütig. Unser Ziel bleibt 10 Prozent plus x."

Die Grünen-Spitze reagierte indes auf den Umstand, dass weder Rot-Grün noch eine Ampelkoalition mit der FDP den Umfragen zufolge sicher zustande kommen könnte. Ungeachtet der vom Parteitag ausgeschlossenen "Jamaika"-Koalition mit Union und FDP will die Öko-Partei sich nun nicht länger gegen Sondierungen mit beiden Parteien sperren. "Wir schließen Gespräche mit keiner demokratischen Partei aus", erklärte Spitzenkandidat Jürgen Trittin gestern überraschend dazu. Auch Parteichefin Claudia Roth äußerte sich ähnlich.