Die CDU-Vorsitzende beschwört Schwarz-Gelb, aber die bayerische Schwesterpartei CSU will ihre Attacken auf die Liberalen fortsetzen.

Berlin. Eine Oldie-Band spielte "Satisfaction", und die 9000 im Düsseldorfer ISSDome empfingen die Kanzlerin mit "Angie! Angie!"-Ovationen. Wegen des Händeschüttelns, der Winkerei und des Autogramme-Schreibens dauerte es ewig, bis sich Angela Merkel zum Podium vorgearbeitet hatte. Aber als sie dann ans Mikrofon trat, erlebten die CDU-Anhänger endlich, worauf sie seit Wochen gewartet hatten: die Parteivorsitzende als Wahlkämpferin.

Genüsslich erinnerte Angela Merkel an die jüngsten Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland, wo die SPD Ergebnisse zwischen zehn und 24,5 Prozent erzielt hatte. "Wie bescheiden muss man geworden sein, um ein solches Ergebnis zu bejubeln", rief sie den Parteifreunden zu. Der SPD, die sich "mitten in einem Identitätskampf zwischen Ampel, Rot-Rot-Grün, Großer Koalition und einer riesigen Zerrissenheit in sich selbst" befinde, müsse man eine Pause gönnen: "Da können sie sich erholen - und zwar in der Opposition!"

Mit kämpferischen Tönen und einem eindeutigen Bekenntnis zu einer schwarz-gelben Koalition hat Angela Merkel die Union also am Sonntag auf die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs eingeschworen. Sie werde die Arbeit der Großen Koalition nicht schlechtreden, bloß weil auch die SPD zu deren Erfolg beigetragen habe, sagte die CDU-Vorsitzende. Die Regierung aus Union und Sozialdemokraten habe eine Million neue Jobs geschaffen und bis zum Ausbruch der Wirtschaftskrise kurz davor gestanden, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. "Aber ich sage auch, nun geht die Zeit dieser Regierung zu Ende. Das Land braucht eine Regierung aus Union und FDP", sagte Merkel. Und sie fügte hinzu: "Wir haben unsere roten Socken längst im Schrank verstaut." CDU und CSU hätten die Kraft, Deutschland klug aus der Krise zu führen. Leistung müsse sich wieder lohnen, die internationalen Finanzmärkte bräuchten Regeln, damit sich die Wirtschaftskrise nicht wiederhole. "Die Wahl ist nicht entschieden, aber wir haben die besten Chancen", rief Angela Merkel kämpferisch.

Währenddessen hat die Schwesterpartei beschlossen, ihren Dauerstreit mit der FDP in den verbleibenden drei Wochen bis zur Bundestagswahl weiter zuzuspitzen. Die Parteispitze habe vereinbart, ihre Attacken gegen die FDP systematisch fortzusetzen, hieß es aus München. Neben der Wirtschafts- oder Agrarpolitik wolle man die Freidemokraten auch in anderen Bereichen angreifen. Ziel sei es, die FDP als "Partei der Kälte" hinzustellen. Dazu passte, dass CSU-Chef Horst Seehofer in der "Bild am Sonntag" erklärte, die Liberalen gefährdeten mit ihren "neoliberalen Schreckgespenstern" den Erfolg von Schwarz-Gelb. Seehofer warf der FDP vor, Kürzungen der Sparerfreibeträge, der Nacht- und Schichtzuschläge sowie der Pendlerpauschale anzustreben. "Zu einem neoliberalen Streichkonzert", so der CSU-Politiker, werde es nicht kommen. Dafür verbürge er sich.

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle reagierte mit den Worten: "Die Mittelstandspolitik der FDP ist die sozialste Politik, die man machen kann, weil sie Arbeit und Wohlstand für alle schafft." Westerwelle forderte von der Union eine bessere Zusammenarbeit. Es werde ein Kopf-an-Kopf-Rennen. "Deswegen hoffe ich auch, dass sich alle in der Union darauf besinnen, dass die FDP der strategische Partner ist, nicht der strategische Gegner." FDP-Generalsekretär Dirk Niebel warf der Union vor, auch weiterhin mit der SPD zu liebäugeln: "Einige CDU-Politiker haben es sich gemütlich eingerichtet in der schwarz-roten Koalition."