Oppositionsparteien brachten den Finanzminister nicht ins Wanken. Abschlussbericht erst nach der Bundestagswahl.

Berlin. Es war ein kleiner Coup: Während Peer Steinbrück vortrat, entrollten die vier Attac-Aktivisten auf der Besuchertribüne ihre Transparente. "HRE-Akten öffnen" stand darauf und "Banken zur Kasse". Und etwas perplex wirkte der Bundesfinanzminister in diesem Moment schon, denn immerhin fand die Demonstration im Untersuchungsausschuss statt. Also im streng bewachten Deutschen Bundestag.

Nachdem man die Protestler entfernt hatte, begann Steinbrück mit seiner Aussage. Überraschungen zeitigte sie nicht. Erwartungsgemäß verteidigte der Bundesfinanzminister die Rettung der Hypo Real Estate (HRE) und das Vorgehen der Regierung im Herbst 2008. "Wir haben weiter reichenden Schaden von unserem Land, unseren Bürgern abwenden können", sagte Steinbrück. Eine Insolvenz des Immobilienfinanzierers hätte zur Kernschmelze des Finanzsystem und zu einem Fiasko für die Sparer führen können: "Wir waren gezwungen zu handeln."

Das Augenmerk müsse nun auf neue Verkehrsregeln für die Finanzmärkte gelegt werden und nicht auf "parteipolitische Geländegewinne", meinte Steinbrück mit strengem Blick in die Runde.

Wie vor ihm schon die Vertreter der Bundesbank, der Bankenaufsicht BaFin und der Kreditwirtschaft legte auch Steinbrück Wert auf die Feststellung, dass man die Lage bis Mitte September für beherrschbar gehalten habe. Erst mit der Pleite der US-Bank Lehman Brothers am 15. September 2008 habe sich die Lage "schlagartig" geändert. Folgen seien ein weltweiter Flächenbrand, Vertrauensverlust und Vermögensvernichtung in großem Stil gewesen. "Wir mussten in Echtzeit handeln, unter enormem Zeitdruck, bei unvollständigen Informationen", beschrieb Steinbrück die Lage am letzten September-Wochenende 2008. Den Vorwurf, die Regierung sei zu spät und schlecht vorbereitet in die Rettung eingestiegen, nannte Steinbrück "schlichtweg absurd". Als "gegenstandslos" stufte er Kritik ein, eine frühere volle Aufsicht auch über die HRE-Holding hätte die Zuspitzung der Lage verhindern können.

Steinbrück räumte jedoch ein, dass bei den Verhandlungen mit der Privatwirtschaft über eine HRE-Rettung am 27. und 28. September nicht alle Informationen über die Lage des angeschlagenen Instituts verfügbar gewesen seien. "Politisch Verantwortung zu übernehmen heißt, bei unvollständigen Informationen entscheiden zu müssen. Es war nicht die Politik, die diese Krise verursacht hat - wir haben sie gemeistert!" Die Finanzwelt habe zwischen dem 15. September und dem 5. Oktober "nur Millimeter vor dem Abgrund" gestanden. Die Motive der US-Regierung für die Lehman-Pleite seien ihm "nie ganz deutlich" geworden, sagte der Minister. Lehman sei wohl ein Test gewesen, allerdings mit verheerenden Folgen. Steinbrück sprach von der teuersten politischen Fehlentscheidung des Jahrhunderts.

Aus Steinbrücks Sicht ist die inzwischen verstaatlichte Hypo Real Estate noch nicht stabilisiert. Zusätzlich zu den bereits gewährten Staatsbürgschaften von 87 Milliarden Euro und der Rekapitalisierungshilfe von gut drei Milliarden Euro werde das Institut schon bald frisches Kapital beim Bankenrettungsfonds beantragen, sagte der Minister. Er fügte sarkastisch hinzu: Wenn der Bund jemals mit der HRE Geld verdienen sollte, poche er auf eine neuerliche Sitzung des Untersuchungsausschusses: "Aus der will ich aber dann mit der Sänfte herausgetragen werden!"

Fazit: Der Opposition ist es nicht gelungen, den letzten Zeugen in Widersprüche zu verwickeln. Und es steht jetzt schon fest, dass der Abschlussbericht nicht vor der Bundestagswahl vorliegen wird.