Unmittelbar vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan ist in Deutschland der Streit über Ziel und Zweck des Bundeswehreinsatzes am Hindukusch wieder aufgeflammt.

Berlin. Der scheidende SPD-Fraktionschef Peter Struck verlangte von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Klartext zu Bedeutung und Gefahren des Bundeswehreinsatzes in diesem Land. Dies sei ein richtiger und wichtiger Einsatz, sagte Struck im Deutschlandradio Kultur.

"Wenn man den Menschen in Deutschland sagt, wir schicken eure Kinder, eure Männer jetzt nach Afghanistan, dann muss man ihnen erstens sagen: Die können dabei sterben. Zweitens muss man ihnen sagen, die können in die Lage kommen, andere Menschen töten zu müssen. Und drittens muss man ihnen sagen, das ist kein angenehmes Leben. Das ist kein Auftrag fürs THW (Technisches Hilfswerk) in Bundeswehruniform", sagte Struck.

SPD-Kanzlerkandidat und Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte dem Sender n-tv, Deutschland sei keine Besatzungsmacht, sondern helfe beim Wiederaufbau. "Das Entscheidende: Unsere Präsenz dort hängt davon ab, wie lange wir brauchen, um die afghanischen Sicherheitsbehörden in die Lage zu versetzen, ihre Aufgaben selbst zu erfüllen ... Ich rechne da nicht mit einem zweistelligen Zeitraum an Jahren, sondern das wird auch schneller gehen."

Der Bundeswehrverband hält einen schnellen Bundeswehr-Abzug aus Afghanistan für unrealistisch. Die afghanische Armee und Polizei seien noch nicht ausgebildet, sagte der Verbandsvorsitzende Ulrich Kirsch der "Neuen Presse". Er kritisierte, dass bei der Polizeiausbildung das deutsche Engagement noch immer zu wünschen übrig lasse.

Dagegen forderte FDP-Verteidigungsexperte Jürgen Koppelin angesichts der immer schwierigeren Lage in Afghanistan den Rückzug der Bundeswehr. "Die nächste Bundesregierung muss einen genauen Plan aufstellen, wie ein Rückzug der Bundeswehr in den nächsten Jahren aussehen kann", sagte der Bundestagsabgeordnete der "Bild"-Zeitung. Zur Begründung erklärte Koppelin, der Einsatz in Afghanistan fordere zu viele Opfer und habe keine klare Strategie. Der Kampf sei daher "so nicht zu gewinnen". Linksparteichef Oskar Lafontaine sagte: "Der Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan führt zu einem weiteren Erstarken der Taliban und holt den Terror ins eigene Land." FDP-Chef Guido Westerwelle hält am Bundeswehreinsatz in Afghanistan fest.