Es war unbekanntes Terrain, auf das sich Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) am Freitag begab. Die Bayerin besuchte erst eine Seehundstation in Norden-Norddeich, dann besichtigte sie in Cuxhaven das Fischereischutzboot “Meerkatze“.

Cuxhaven. Äußerlich wirkt die schlanke und hochgewachsene Aigner blendend: Sie strahlte, schüttelte Hände, fütterte Seehunde und ließ sich auf dem Boot herumführen.

Doch als es um Inhalte ging, wurde die Ministerin wortkarg. Sie sei zu Besuch gekommen, um darzustellen, dass es eine neue Philosophie bei der nachhaltigen Fischerei gebe, sagte sie. "Ein großes Problem gibt es nach wie vor mit der unerlaubten Fischerei, die weltweit immer wieder stattfindet", sagte Aigner. Auf Drängen von Deutschland habe die EU darum eine Verordnung zur Bekämpfung der illegalen Fischerei verabschiedet, die von 2010 an gilt. Sie spulte die Sätze herunter, als hätte sie sie auswendig gelernt. Am Ende richtete sie ihren Blick Hilfe suchend auf Fischereidirektor German Jeub, und sie fragte: "Habe ich jetzt alles gesagt, was ich sagen sollte?"

Überzeugend wirkte das nicht. Nordsee und Fischfang sind nicht die ureigensten Themen der Süddeutschen. Und doch muss sie sich in den verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl ihre politische Zukunft sichern. Auch mit solchen Terminen. Als die gelernte Radio- und Fernsehtechnikerin im Oktober 2008 ins Landwirtschaftsministerium berufen wurde, weil ihr Vorgänger Horst Seehofer in Bayern das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, galt sie noch als Jungstar und Hoffnungsträgerin der CSU. Dass sie sich bis dahin mehr mit Bildungspolitik beschäftigt hatte, störte nicht. Sie genoss das Vertrauen Seehofers und machte zunächst eine gute Figur. Bis der Ministerpräsident und CSU-Chef seine Meinung zu der in der bayerischen Landbevölkerung verhassten Gen-Technik änderte und seine Ministerin mit dieser Volte überraschte. Schließlich musste sie den Anbau von Gen-Mais verbieten, die Forschung aber erlauben. Und bis der neue Superstar der Christsozialen, Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, am Berliner Kabinettshimmel auftauchte. Entsprechend verblasste der Stern der Ilse Aigner. Wenn es im Fall eines Unions-Sieges darum geht, Ministerposten mit CSU-Politikern zu besetzen, könnte es für Aigner im Herbst eng werden. Denn neben Guttenberg, der für ein neues Kabinett als gesetzt gilt, drängt auch der bayerische Umweltminister Markus Söder nach vorn - Richtung Aigners Job. Nach den aufreibenden Debatten und Verhandlungen um Milchquoten und Literpreise, um Agrarsubventionen und deren Offenlegung in ihrer bayerischen Heimat muss sie ein Feld finden, in dem sie sich publikumswirksam profilieren kann.

In der vergangenen Woche versuchte sie es erneut mit einem Vorstoß in Sachen Gentechnik. Sie stellte ein neues, einheitliches Logo vor, das künftig gentechnikfreie Lebensmittel kennzeichnen soll. Eine grüne Raute soll den Verbrauchern Orientierung im Ladenregal geben und der in den politischen Schatten geratenen Ministerin neuen Glanz verleihen. Angesichts der breiten Ablehnung in Deutschland von Gen-Produkten ein Unterfangen, das sich für Aigner noch lohnen könnte - solange sie dabei eine souveränere Haltung an den Tag legt als im Fischereihafen von Cuxhaven.