Internet wird für Rechtsextremisten immer wichtiger. Zahl der unzulässigen Beiträge verdoppelte sich auf mehr als 1500.

Berlin. In der Debatte um stärkere Kontrollen im Internet hat die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) mehr Personal gefordert. "Wir brauchen 2000 Cyber-Cops", sagte der Vorsitzende Rainer Wendt der "Berliner Zeitung". Das Internet sei der größte Tatort der Welt. Deshalb dürfe es sich nicht selbst überlassen werden. "Die Polizei muss verstärkt verdachtsunabhängige Streifen im Netz fahren", forderte der Gewerkschaftschef. Zudem plädierte er für eine bessere Zusammenarbeit. "Wir brauchen eine zwischen dem Bundeskriminalamt und der Polizei der Länder abgestimmte Gesamtstrategie", so Wendt. Dabei könnten die Länder bestimmte Kriminalitätsfelder übernehmen, sodass es nicht zu doppelten Ermittlungen komme.

Kritik an den Äußerungen Wendts kam von den Jungen Liberalen. Deren Bundesvorsitzender Johannes Vogel sagte dem Hamburger Abendblatt: "Wer das Internet als den größten Tatort der Welt bezeichnet, beweist auf erschreckende Weise, dass er es nicht verstanden hat. Das Internet ist kein Hort des Bösen, sondern zuallererst ein Ort der Freiheit und der Chancen. Statt das Internet zu verteufeln und mit einer Zensur-Infrastruktur zu überziehen, sollten sich die handelnden Personen erst einmal wirklich mit dem Medium vertraut machen." Vogel betonte weiter: "Selbstverständlich brauchen wir effektive Rechtsdurchsetzung im Netz und ausreichend Personal und Fachkenntnis bei der Polizei. Dafür bedarf es jedoch einer differenzierten Auseinandersetzung statt Schwarz-Weiß-Malerei und Panikmache vor dem Internet."

Doch das Internet wird offenbar auch für Rechtsextremisten immer wichtiger. Wie am Freitag bekannt wurde, verdoppelte sich die Zahl der unzulässigen rechtsextremen Beiträge in sozialen Netzwerken und Videoplattformen 2008 im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 1500. Das ergab eine in Berlin veröffentlichte Dokumentation von "jugendschutz.net". Demnach gibt es so viele Szene-Webseiten wie nie zuvor: Im August 2009 wurden 1800 gezählt, nach 1707 im Jahr 2008 und 1635 im Jahr 2007. Stefan Glaser von "jugendschutz.net" sagte: "Für Rechtsextreme sind Videos und Musik inzwischen das Propagandainstrument Nummer eins. Und die Möglichkeiten, die sich durch Web 2.0-Plattformen für die Verbreitung ihrer Hass-Botschaften bieten, sind schier unbegrenzt."

Ein Trend sei erkennbar: "Rechtsextreme sprechen mit bunten Websites, Symbolen aus verschiedenen Jugendszenen und griffigen Slogans junge Internet-User an."

In vielen Fällen sei der rechtsextreme Kontext nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen. "Jugendschutz.net" wird von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Die Organisation drängt auf die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet und sorgt dafür, dass Anbieter problematische Inhalte rasch ändern oder löschen. Das unterstützen auch die Jungen Liberalen, die aber "eine Zensur des Internets anhand von durch die Exekutive erstellten Listen mit zu sperrenden Adressen" ablehnen.