Rechnungshof rehabilitiert Ministerin nach Dienstwagenaffäre. Parteifreunde halten sie für eine Belastung.

Berlin. Angeblich war die schmidtsche Dienstwagen-Affäre ja seit Freitag beendet, aber der SPD-Kanzlerkandidat kam am Sonntag doch noch einmal darauf zurück. Er bitte um Fairness für die SPD-Gesundheitsministerin, sagte Frank-Walter Steinmeier in Erfurt, wo er am Bundeskongress der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft 60 plus teilnahm. Ulla Schmidt habe ihren Dienstwagen korrekt benutzt, so Steinmeier, es sei kein Schaden entstanden, und daher könne sich die Politik jetzt wieder den Sachthemen zuwenden.

Bereits am Sonnabend hatte Steinmeier in Berlin erklärt, das nun vorliegende Prüfergebnis des Bundesrechnungshofs sei "klar und eindeutig". Damit sei die Gesundheitsministerin Teil seines Teams. Parteichef Franz Müntefering hatte zuvor erklärt, es sei Steinmeiers Entscheidung, ob er Schmidt nun in sein Schattenkabinett aufnehme oder nicht.

Laut Bundesrechnungshof hat Schmidt ihren Dienstwagen während ihres Spanienurlaubs vorschriftsmäßig und den Richtlinien entsprechend eingesetzt. Wörtlich hieß es in dem dreiseitigen Schreiben, das ihr zugestellt wurde, "dem Bundeshaushalt" sei "folglich kein Schaden entstanden". Die Ministerin sah sich durch das Ergebnis der Überprüfung bestätigt, kündigte aber trotzdem Konsequenzen an. Sie habe erfahren müssen, dass die Anwendung der Vorschriften nicht vor Angriffen schütze, erklärte Schmidt, und deshalb werde sie Urlaub und dienstliche Termine künftig strikt voneinander trennen. "Damit auch nicht der Anschein entsteht, als würden dienstliche und private Nutzung vermischt." Die 60-Jährige bedauerte, dass zunächst ein falscher Eindruck entstanden sei, der "bei den Bürgerinnen und Bürgern zu Verärgerung und zu Zweifeln geführt" habe.

Ob diese Zweifel nun ausgeräumt sind, werden die nächsten Wochen zeigen. Von den knapp 5000 Kilometern, die der Dienstwagen nach Alicante und retour zurückgelegt hat, hat die Ministerin in ihrem Bericht an den Bundesrechnungshof jetzt jedenfalls nur 72 als dienstliche Kilometer deklariert. Die restlichen wird sie privat versteuern. Dabei hatte es doch geheißen, die Ministerin hätte an ihrem Urlaubsort eine "Büromindestausstattung" benötigt, und selbige sei mit ihrem Dienstwagen nach Alicante transportiert worden.

Ulla Schmidt ist jetzt also Mitglied von Steinmeiers Schattenkabinett. Trotzdem war es keine Überraschung, dass sich gestern in Berlin kein SPD-Politiker fand, der bereit war, Schmidts verspätetes Einscheren in das "Team Steinmeier" zu kommentieren. Einer zitierte hinter vorgehaltener Hand Winston Churchill mit den Worten, in der Politik könne eine Woche sehr lang sein. Ein anderer meinte, er habe nicht vor, "Selbstbeschädigung" zu betreiben. Ein Dritter sagte knapp, er habe allmählich wirklich genug von der Causa Schmidt.

Das trifft es wohl am besten. Viele Sozialdemokraten fürchten wohl nicht von ungefähr, dass sie die Dienstwagen-Affäre der Gesundheitsministerin bis zur Bundestagswahl am 27. September nicht mehr loslassen wird. "Ulla Schmidt wird sich auf jeder Wahlkampfveranstaltung fragen lassen müssen, wie sie angereist ist", sagt ein prominenter Bundestagsabgeordneter düster voraus. Und das Magazin "Focus" zitiert einen namentlich nicht genannten SPD-Spitzenpolitiker mit den Worten: "Sie ist für uns zu einer enormen Belastung im Wahlkampf geworden, das ganze Thema schadet uns massiv."