Angesichts der Wirtschaftskrise und der künftig geltenden Schuldenbremse für die Haushalte warnen die Gewerkschaft der Polizei und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vor drastischen Kürzungen im öffentlichen Dienst nach der Bundestagswahl.

Hamburg. Innere Sicherheit vor dem Kollaps, Bildung gefährdet. Angesichts der Wirtschaftskrise und der künftig geltenden Schuldenbremse für die Haushalte warnen die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor drastischen Kürzungen im öffentlichen Dienst nach der Bundestagswahl. "Bisher vermittelt die Bundesregierung den Eindruck, alles werde gut, doch das ist ein Trugschluss", sagte GdP-Chef Konrad Freiberg dem Abendblatt. Er fürchtet ein "Desaster der öffentlichen Haushalte", über das nur vor der Wahl niemand öffentlich sprechen wolle. Deswegen fordert Freiberg Aufklärung von der Bundesregierung über die Folgen der Krise für den öffentlichen Dienst. Am 17. August will er beim SPD-Gewerkschaftsrat darüber mit SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sprechen, für ein Gewerkschaftstreffen mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 28. August hat er das Thema auch angemeldet.

Freiberg hält der Regierung vor, dass alle Maßnahmen zur Bewältigung der Krise wie Abwrackprämie und Kurzarbeit bisher die wirtschaftlichen Folgen hinausschieben. Doch die Staatsverschuldung werde weiter wachsen, die Steuereinnahmen wegbrechen und die Arbeitslosigkeit steigen. "Wer soll das bezahlen?", fragt er und befürchtet: "Das wird zu einem Abbau der staatlichen Leistungen führen." Für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sagt er Einkommenseinbußen, längere Arbeitszeiten und weniger Sozialleistungen voraus. "Man darf den Menschen vor der Wahl nichts vormachen", sagt Freiberg. "Es wird zu einschneidenden Maßnahmen kommen, egal wer nach der Wahl regiert."

Auch Ilse Schaad, im Hauptvorstand der GEW für Personalentwicklung zuständig, warnt vor Augenwischerei. "Wir haben schon wiederholt erlebt, dass bis zum Wahltag alle das Thema Bildung ganz hoch halten, aber danach keine Taten folgen", sagte sie dem Abendblatt. "Ich fürchte, dass dies auch diesmal nicht anders sein wird." Die "bildungspolitische Kompetenz" sieht sie in allen politischen Parteien nicht nachhaltig vertreten. "Auch in der SPD nicht", sagt sie über die gewerkschaftsnahen Genossen. "Bildungspolitische Aussagen von Frau Nahles sind mir jedenfalls bisher nicht aufgefallen." Andrea Nahles ist im SPD-Kompetenzteam für Bildung zuständig.

Doch Schaad sorgt sich nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Finanzen. Sie fürchtet, dass sich nach der Wahl "das große Loch in den Haushalten" sofort offenbart und in Kürzungen mündet. "Kürzungsmaßnahmen bei der Bildung von der Kita bis zu Hochschule werden nicht nur bei den Gewerkschaften, sondern auch in der Gesellschaft auf erbitterten Widerstand stoßen", prophezeit sie. Freiberg und Schaad fordern, die Lasten in der Gesellschaft anders zu verteilen und trotz Krise die Einnahmen zu steigern. Das bedeutet unter anderem eine stärkere Besteuerung hoher Einkommen, Kapitalvermögen und Erbschaften.

Freiberg fürchtet zudem, dass die Polizei nicht nur unter Kürzungen leiden wird, sondern auch noch erheblich mehr Arbeit bekommt: "Soziale Spannungen und damit auch die Konflikte werden zunehmen. Das bedeutet mehr Großeinsätze bei Ausschreitungen und gewalttätigen Demonstrationen. Das ist ein explosives Gemisch."