Mevlüt K. half, die Zünder zu beschaffen. Er soll Kontakte zur CIA und zu türkischen Spionen gehabt haben.

Hamburg. Den Vorwurf, V-Leute der Geheimdienste seien in die Terrorplanungen der Sauerlandgruppe verwickelt gewesen, wies Bundesanwalt Volker Brinkmann vor einigen Woche noch weit von sich. "Das kann ich nicht bestätigen", sagte der Ankläger zum Auftakt des Prozesses gegen die vier Angeklagten der Terrorgruppe Ende April in Düsseldorf. Diese Erkenntnisse könnten sich nun ändern. Nach Informationen von "Spiegel" und "Focus" hat Atilla Selek in seiner Vernehmung ausgesagt: Sein Komplize Mevlüt K. hat Kontakt zu Geheimdiensten gehabt.

Der aus Ludwigshafen stammende Türke beschaffte in der Türkei die Zünder, mit denen die vier Angeklagten selbst gebastelte Autobomben zur Detonation bringen wollten. Die Bomben sollten laut Anklage an US-Einrichtungen in Deutschland explodieren. Nach Seleks Aussage spielte Mevlüt dabei eine entscheidende Rolle. Ohne seine Hilfe wäre die Sauerland-Gruppe - benannt nach der Gegend, in der sie vor zwei Jahren festgenommen worden war - aufgeschmissen gewesen. "Ohne ihn wären wir dazu nicht in der Lage gewesen", gab Selek an. Laut "Spiegel" sagte er aus, dass Mevlüt bei Zusammenkünften in der Türkei gelegentlich für eine Stunde verschwunden sei, offenbar, um Ermittler zu treffen. Einmal sei Mevlüt nach einer Unterbrechung zurückgekehrt und habe plötzlich gewusst, dass die deutschen Behörden die Gruppe namentlich kennen und gegen sie ermitteln. "Dann sagte er mir, dass er diese Informationen vom Geheimdienst klauen würde", gab Selek zu Protokoll. Schon vor Beginn des Prozesses gegen Selek, Jens Schneider, Fritz Gelowicz und Adem Yilmaz hatte es Berichte gegeben, Mevlüt sei ein V-Mann des türkischen Geheimdienstes und der CIA. Auch darüber habe er keine Erkenntnisse, hatte Bundesanwalt Brinkmann noch zu Prozessbeginn gesagt und eine Frage in den Raum gestellt: "Wieso soll die CIA in Kenntnis, dass damit US-Einrichtungen angegriffen werden sollen, an der Beschaffung der Zünder beteiligt gewesen sein?"

Ob die Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl gegen Mevlüt vorbereitet, ist noch unklar. Nach Angaben des "Spiegels" zögert die Anklagebehörde, um mögliche diplomatische Verwicklungen mit der Türkei zu vermeiden. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft wollte sich zu dem laufenden Verfahren nicht äußern. Der Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht wird am 10. August mit den Vernehmungen der Angeklagten beginnen. Ihre Geständnisse umfassen inzwischen 1100 Seiten. Die vier hatten zunächst geschwiegen, sich dann aber zur Aussage entschieden, um das Verfahren zu beschleunigen.

Als Anführer der Gruppe gilt Fritz Gelowicz. Er hatte nach Erkenntnissen der Ermittler Selek im Februar 2007 in die Türkei geschickt, um die Zünder zu besorgen. Dort wurde er im November 2007 als Letzter der vier Verdächtigen festgenommen. Insgesamt hatte er es geschafft, 26 Zünder nach Deutschland zu schleusen. Selek war in ständigem Kontakt mit Fritz Gelowicz. Außerdem war er dafür zuständig, den Fluchtweg für seine Komplizen aus Deutschland nach den Anschlägen zu organisieren.