Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat den deutschen Waldbesitzern zum Teil verheerende Eingriffe in die Natur vorgeworfen.

Berlin. Im deutschen Wald habe auf Betreiben des Staates ein "Neoliberalismus" Einzug gehalten, der in erster Linie den Gewinn im Auge habe, kritisierte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger gestern in Berlin bei der Vorstellung des erstmals vorgelegten "Schwarzbuchs Wald". Nach positiven Ansätzen hin zu einer naturnahen Bewirtschaftung seien heute wieder Kahlschläge, das Fällen wertvoller Altbaumbestände und katastrophale Bodenschäden an der Tagesordnung.

Von wegen "Es ist gar zu schön, den ganzen Tag im Wald zu sein und die Vögel zu hören, zu wissen, wie sie heißen, wo ihre Nester sind ...", wie Goethe schrieb. Gerade die Biotopbäume, die sogenannten Höhlenbäume, die etlichen Tierarten den notwendigen Lebensraum bieten, sind besonders bedroht, weil zu wenig Forstpersonal da ist, weil keine Zeit bleibt, den Bestand zu sichten und zu pflegen. "Im Wald", so Weiger alarmierend, "wird das Schicksal Tausender von Tier- und Pflanzenarten entschieden."

Nachdem die Waldbewirtschaftung lange Verluste geschrieben habe, seien die Staatsforste gezwungen worden, Gewinne zu machen. Proportional zum dramatischen Personalabbau habe deshalb ein Ausbau der Maschinenparks stattgefunden. Eine 2000 Hektar große Waldfläche, für die früher ein komplettes Forstamt zuständig gewesen sei, bewirtschafte heute ein einziger Förster. Da bleibe die Nachhaltigkeit - übrigens ein Begriff, den die deutsche Forstwirtschaft der Welt vor 250 Jahren geschenkt habe - zwangsläufig auf der Strecke.

Der BUND-Chef rief die Deutschen auf, "sich um ihren Wald zu kümmern" und "Druck von unten" auf die Politik auszuüben. Er forderte eine Novelle des Bundeswaldgesetzes. Die bestehenden Regelungen seien unzureichend, sie ließen Übernutzung und Kahlschläge zu, unter dem Vorwand der Verkehrssicherungspflicht würden ganze Hänge "abrasiert".

Zum Schutz der Artenvielfalt sollen laut BUND fünf Prozent der Waldfläche als Naturwaldreservate vollständig aus der Nutzung genommen werden. Derzeit sind lediglich 0,5 Prozent der Wälder naturbelassen. Hubert Weiger appellierte gestern an die Politik, die Wälder so umzubauen, "dass die nächsten sechs, sieben Generationen denselben Nutzen davon haben wie wir". Seine Kollegin Nicola Uhde ergänzte: "Nur wenn die Bundesregierung den Schutz der eigenen Wälder ernst nimmt, ist sie international glaubwürdig. Ansonsten werden die berechtigten deutschen Forderungen zum Schutz der Regenwälder nicht ernst genommen."