Die CDU-Chefin überzeugt als Krisenmanagerin, der Außenminister setzt kaum Akzente.

Hamburg. Die Politik ist in die Sommerpause gegangen. Doch schon jetzt, noch vor dem Beginn der heißen Wahlkampfphase, treffen die Spitzenkandidaten in Fernduellen aufeinander. Das erste davon gab es gestern zwischen der CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin Angela Merkel und ihrem Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD). Nahezu zeitgleich, aber Hunderte Kilometer voneinander entfernt stellt sich Merkel den Fragen der ARD im Studio in Berlin und Steinmeier den Fragen des ZDF in seinem Urlaubsort in den Südtiroler Bergen nahe Bozen. Das Abendblatt hat beobachtet: Wer macht die bessere Figur, was haben die beiden zur Wirtschaftskrise und zur Energiepolitik zu sagen und wo sehen sie ihre Machtperspektiven?

Auftreten

Angela Merkel gibt sich staatsmännisch. Im roten Blazer und schwarzer Hose sitzt sie vor der Kulisse des Reichstags und lässt sich zu keiner einzigen Spitze gegen ihren Herausforderer Steinmeier hinreißen. Es gelingt ihr, ihre eigene "entschlossene Politik", wie sie betont, herauszustellen. Steinmeier hingegen muss um seine Rolle kämpfen. In hellblauem Hemd ohne Krawatte sitzt er an einem bäuerlichen Holztisch - im unsichtbaren Schatten seines Ziehvaters Gerhard Schröder. Kann er Politik so gut wie Schröder, wofür steht er? "Muss ich das noch erklären?" Bei der Frage wirkt Steinmeier schon zu Beginn des Interviews müde. Doch er hat die passenden Sätze parat: "Und ich glaube, ich kann es und will es."

Kampf gegen Wirtschaftskrise

Steinmeier lobt vor allem sich selbst und teilt gegen die Union aus. In den kommenden schwierigen Jahren brauche es einen "Kanzler, der Arbeit erhalten, neue Arbeitsplätze schaffen kann", sagt er. Er sei ein Regierungschef, der nichts schönrede. Die Union wolle "schnellstmöglich zu den alten Regeln zurückkehren". Die Devise "Helm auf, Abwarten" sei aber "nicht die Haltung, mit der wir durch diese Krise hindurchkommen". Es müssten "Arbeitsplätze von morgen" geschaffen werden. Viel konkreter wird er nicht. Merkel verweist auf Erfolge der Großen Koalition. Auch sie sieht die Zukunft in der Schaffung von "sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung". "Durch Wachstum gibt es wieder mehr Steuereinnahmen", sagt sie und verspricht: "Keine Steuererhöhungen durch die Hintertür in Form der kalten Progression."

Energiepolitik

Angesprochen auf Vattenfall und die Pannenserie im Atomkraftwerk Krümmel wird Angela Merkel deutlich: "Es kann einem schon der Zorn ins Gesicht steigen." Sie sei "sehr, sehr unzufrieden" mit der Situation, dass es auch nach zwei Jahren Reparaturen an dem Atommeiler wieder zu Zwischenfällen gekommen sei. Dennoch spricht sie sich für eine längere Laufzeit der bestehenden Kernkraftwerke aus. Zu diesem Thema formuliert Steinmeier eine seiner wenigen "klaren Botschaften": "Wir brauchen eine Energiepolitik, die uns nicht in die Nutzung der Atomenergie zurückführt."

Machtperspektiven

Im Gegensatz zu Steinmeier schont Angela Merkel den aktuellen Koalitionspartner. Ohne das Bündnis mit der SPD schlechtzureden, macht Angela Merkel aber klar, dass es mit der FDP besser laufen würde. Vor allem die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik seien bei Union und FDP ähnlich. Einem Bündnis mit den Grünen hingegen erteilt die CDU-Chefin eine klare Absage: "Die Frage stellt sich für mich nicht." Steinmeier dagegen hat es schwer, mit seinen Vorstellungen zu überzeugen, als er erklären muss, warum er ein schwarz-gelbes Bündnis als neoliberal verteufelt, aber selbst ein Bündnis mit der FDP und den Grünen in einer Ampelkoalition nicht ausschließen würde. Wenn die SPD stark ist, dann bestimme sie die Themen einer Koalition: "Darauf muss sich dann die FDP einstellen."