FDP-Parteichef Guido Westerwelle hat die Union wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Silvana Koch-Mehrin bei den Präsidiumswahlen des Europaparlaments scharf angegriffen.

Hamburg/Straßburg. "Diese Fortsetzung der Großen Koalition im Europaparlament ist kein gutes Vorzeichen für Deutschland", sagte Westerwelle der "Bild"-Zeitung. "Zuverlässigkeit sieht anders aus." Die FDP ist der Wunschpartner von CDU/CSU für eine Koalition.

Die Liberale Koch-Mehrin war am Dienstag in Straßburg erst im dritten Wahlgang und nur dank der Stimmen der Grünen für einen der 14 Vizepräsidenten-Posten gewählt worden. Dass die Unionsabgeordneten lieber Sozialisten und Rechtskonservative aus Nachbarländern als die FDP-Spitzenkandidatin gewählt hätten, sei besorgniserregend und auch gegen deutsche Interessen gerichtet, sagte Westerwelle. Er sprach von "neidischer Parteitaktik von Union und SPD". Koch-Mehrins Popularität störe "offenkundig einige mausgraue Herren", so der FDP-Chef.

Der neben der FDP-Politikerin neu gewählte Parlamentsvize Rainer Wieland (CDU) wies die Vorwürfe des FDP-Chefs entschieden zurück. "Herr Westerwelle sollte wissen, dass die Uhren im Europaparlament anders ticken als im Deutschen Bundestag. Versuche der FDP, eine Kampagne zu konstruieren, sind erfolglos", sagte Wieland dem Abendblatt. Er betonte: "Es waren nicht nur deutsche EVP-Abgeordnete, die Frau Dr. Koch-Mehrin die Stimme verweigert haben." Der CDU-Politiker warnte die Liberalen davor, die knappe Wahl der FDP-Politikerin für den Wahlkampf zu instrumentalisieren. "Es geht hier nicht um Parteipolitik, sondern allein um die Frage der Kollegialität. Und da hat Frau Dr. Koch-Mehrin viele Abgeordnete sehr enttäuscht", sagte er.

Die FDP-Politikerin hatte die Sitzungswochen in Straßburg mit einem "Ausflug ins Landschulheim" verglichen und den Abgeordneten indirekt Besuche bei Prostituierten vorgeworfen. "Mancher Kollege wurde sogar von der eigenen Frau gefragt, wie sie es denn mit dem Landschulheim halten. So etwas streift man nicht einfach ab", sagte Wieland.