Der Trend zeigt laut Arbeitsagentur, dass trotz der Krise immer mehr ältere Arbeitnehmer länger im Beruf bleiben.

Hamburg. Auch wenn der Satz "Die Rente ist sicher" vom einstigen CDU-Arbeitsminister Norbert Blüm nur noch Spott erntet - kaum einer der ab 1964 Geborenen dürfte bezweifelt haben, dass für sie der verdiente Ruhestand erst mit 67 Jahren beginnt. Nun stellen SPD-Politiker angesichts der Wirtschaftskrise die beschlossene Anhebung des Rentenalters infrage - dabei war es mit Franz Müntefering ein sozialdemokratischer Minister, der die Rente mit 67 vorangetrieben hatte.

"Ich gehe davon aus, dass die Rente mit 67 wegen steigender Arbeitslosenzahlen nicht in Kraft treten kann", sagte SPD-Arbeitsmarktexperte Florian Pronold der "Bild"-Zeitung. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner bekräftigte, im Jahr 2010 müsse über die Umsetzung der Reform neu entschieden werden.

Die schwarz-rote Regierung lehnte den Vorstoß bisher ab. "Die Bundesregierung hat bislang keine Pläne, die Gesetzeslage zu verändern", sagte SPD-Arbeitsminister Olaf Scholz. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil unterstrich, es bleibe im Kern bei dem, was beschlossen sei, ergänzte jedoch: "Wir sehen Gestaltungsmöglichkeiten, um einen flexiblen Übergang in den Ruhestand zu schaffen." Laut "Überprüfungsklausel" ist die Regierung bis 2010 verpflichtet, die Umsetzbarkeit der Reform zu bestätigen.

"Die Rente mit 67 muss vom Tisch", sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: "Schon heute haben die meisten Beschäftigten kaum eine Chance, bis 65 zu arbeiten."

Wie entwickelt sich der Arbeitsmarkt der über 60-Jährigen aber tatsächlich? Die Bundesarbeitsagentur sieht einen "langfristigen und stabilen Trend einer steigenden Beschäftigung", sagte eine Sprecherin dem Abendblatt. Demnach waren im Jahr 1999 noch 624 000 Bürger dieser Altersgruppe sozialversicherungspflichtig beschäftigt, im September 2008 waren es mehr als eine Million. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der Arbeitslosen von rund 150 000 auf 88 793 im Mai dieses Jahres.

Das bedeutet, wenn auch die Folgen der Wirtschaftskrise noch nicht absehbar sind: Immer mehr ältere Menschen sind erwerbstätig. Das liege zum einen daran, dass viele Berufe mittlerweile weniger körperlichen Einsatz verlangten, heißt es in der Arbeitsagentur. Aber Grund sei eben auch, dass die ökonomisch schwierigere Lage in vielen Familien die Arbeitnehmer dazu zwinge, länger im Job zu bleiben.

"Wir werden an der Rente mit 67 nicht rütteln", sagte CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla und fügte wahlkampfwirksam hinzu: "Die Demontage von Franz Müntefering geht weiter." Auch der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann, sagte, die Politik müsse "hart bleiben". Unternehmen und Betriebsräten dürften keine neuen Möglichkeiten für den Vorruhestand geboten werden. Die OECD warnte vor einer Aufweichung der Beschlüsse. "Die demografische Herausforderung wird durch die Krise verschärft, an der Erhöhung des Rentenalters geht kein Weg vorbei", sagte Sozialpolitik-Expertin Monika Queisser.

Das neue Rentengesetz wurde im Jahr 2007 von Union und SPD beschlossen, als Antwort auf die steigende Lebenserwartung und den damit verbundenen größer werdenden Anteil arbeitsfähiger älterer Menschen in Deutschland. Demnach soll die Rente mit 67 vom Jahr 2012 an schrittweise eingeführt werden. Erklärtes Ziel ist, die Belastung der Beitragszahler - also Beschäftigte und Arbeitgeber - langfristig abzumildern. Nach Berechnungen wird der Anstieg des Beitragssatzes am Ende um etwa 0,5 Prozentpunkte vermindert.