Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) hat nach einer ersten EU-weiten Hochrechnung die Europawahl gestern gewonnen.

Hamburg/Brüssel

Mit 263 bis 273 Sitzen von 736 Mandaten wurde sie im neuen EU-Parlament die mit Abstand stärkste Fraktion. Die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) kann nach der Hochrechnung des Meinungsforschungsinstituts TNS mit 155 bis 165 Sitzen rechnen. Drittstärkste Kraft wurden die Liberalen mit 78 bis 84 Sitzen, es folgen die Grünen mit 52 bis 56 Mandaten. Die europäische Linke kann mit 33 bis 37 Sitzen rechnen.

Damit sind für EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, ehemals konservativer Regierungschef in Portugal, die Chancen auf eine zweite Amtszeit deutlich gestiegen. Die Besetzung dieses Postens soll die Mehrheitsverhältnisse im Parlament widerspiegeln.

In Deutschland hat die Union nach ihrem guten Abschneiden bei der Europawahl erneut Anspruch auf den Posten des deutschen EU-Kommissars erhoben. "Der nächste Kommissar muss von der Union kommen", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder gestern kurz nach 18 Uhr unmittelbar nach der ersten Hochrechnung. SPD-Chef Franz Müntefering wies dies zurück.

Seit Langem streiten Union und SPD darüber, wer den Nachfolger für den aus der EU-Kommission ausscheidenden Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) stellen wird. Kauder sagte, die Entscheidung werde erst nach der Bundestagswahl getroffen, aber die SPD könne ihren Anspruch nicht länger aufrechterhalten. Bei den Sozialdemokraten ist der Europa-Spitzenkandidat Martin Schulz für dieses Amt gehandelt worden.

In Reihen der Union sind Peter Hintze, parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, der Europaabgeordnete Elmar Brok, Hessens Ministerpräsident Roland Koch und zuletzt der frühere Fraktionschef Friedrich Merz im Gespräch (CDU) für den Posten in der Brüsseler Behörde. Schulz wie auch der CDU-Spitzenkandidat Hans-Gert Pöttering kehren ins Parlament zurück, Pöttering allerdings nicht mehr als Präsident. Beste Chancen auf diesen Posten hat der ehemalige polnische Ministerpräsident Jerzy Buzek. Die Wahl eines Osteuropäers an die Spitze des Europaparlaments wäre ein wichtiges politisches Signal.

Schulz, bisher Fraktionschef der Sozialisten, könnte das Präsidentenamt dann in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode übernehmen. Konservative und Sozialisten haben sich angeblich darauf geeinigt, den Vorsitz in der europäischen Volksvertretung wieder zu teilen.

Hoffnungen auf den Fraktionsvorsitz der Liberalen kann sich Silvana Koch-Mehrin machen. Die FDP-Spitzenkandidatin führt weitere elf deutsche Liberale ins Parlament.