Die Einigung über die Opel-Rettung hat in der Großen Koalition zu Auseinandersetzungen wie in schärfsten Wahlkampfzeiten geführt.

Berlin - So verschärfte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß die Kritik von Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier am Wirtschaftsminister. Er warf zu Guttenberg vor, gleich bei seiner ersten Bewährungsprobe versagt zu haben. Sein Fraktionskollege Carsten Schneider forderte sogar, dass der Bundeswirtschaftsminister die Verträge über die Brückenfinanzierung für Opel eigenhändig unterschreiben müsse. Wenn zu Guttenberg tatsächlich eine andere Risiko-Einschätzung habe als der Rest des Kabinetts, sagte Schneider, "dann kann er auch nicht länger Wirtschaftsminister sein", sagte Schneider.

Dagegen ergriffen viele Mitglieder der Unionsfraktion offen Partei für Guttenberg. Mittelstandsexperte Hans Michelbach (CSU) sagte in der "Welt am Sonntag" erhebliche Gefahren für die mittelständischen Automobilzulieferer voraus. Michael Fuchs (CDU) kritisierte eine "Freibier-für-alle-Mentalität" bei der SPD. Und Haushaltsexperte Steffen Kampeter (CDU) sagte, auch nach der Einigung über den Rettungsplan könne eine Insolvenz nicht völlig ausgeschlossen werden.

Hans-Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, warnte vor massiven Wettbewerbsverzerrungen in der Autobranche. Auch Industrie-Präsident Hans-Peter Keitel zollte zu Guttenberg Lob: "Die Wirtschaft gibt dem Bundeswirtschaftsminister volle Rückendeckung."

Die offizielle Parteilinie der CDU ist ebenfalls positiv. Nach Auffassung von Generalsekretär Ronald Pofalla bietet die Einigung eine gute Perspektive. "Die Bundesregierung unter Führung von Angela Merkel hat mit großem Einsatz gezeigt, dass sie die Arbeitsplätze von Opel retten will", sagte er. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verteidigte den Plan in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" als die "für den Steuerzahler mit Abstand beste Lösung".

Herbe Kritik kommt wie erwartet von der FDP. Haushaltspolitiker Jürgen Koppelin hatte beobachtet, die Minister der Großen Koalition hätten sich "gestritten wie die Kesselflicker". Parteichef Guido Westerwelle fürchtet, dass der "teuerste Wahlkampf der Republikgeschichte" auf Deutschland zukommen könnte. "Die Regierungsparteien müssen ihren Wahlkampf gegeneinander auf Kosten der Arbeitnehmer in gefährdeten Unternehmen und auf Kosten der Steuerzahler unverzüglich beenden", forderte Westerwelle im WAZ-Interview. Die Beschäftigten und die Steuerzahler würden zunehmend zum Spielball parteitaktischer Manöver zwischen Schwarz und Rot.

Der Grünen-Experte Alexander Bonde kritisierte, die Risiken seien zwischen öffentlicher Hand und den privaten Investoren extrem ungleich verteilt. Zudem fehle ein klares Marktkonzept, das Opel das Überleben sichern könne. Bonde spottete: "Die Koalition ist deutlich näher an der Insolvenz als Opel."

Bodo Ramelow, stellvertretender Fraktionschef der Linken, sagte: "Die Bundesregierung muss ihren Wahlkampf auf dem Rücken der Opelaner beenden und sich auf die Rettung der Arbeitsplätze konzentrieren."