Nach seinem tödlichen Schuss auf den Studenten Benno Ohnesorg vor mehr als 40 Jahren könnten dem früheren Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras neue Ermittlungen drohen.

Berlin/Karlsruhe - Die Bundesanwaltschaft will die Stasi-Unterlagen über Kurras prüfen, die vor einer Woche aufgetaucht sind. Es sei unter bestimmten Umständen möglich, dass die oberste deutsche Anklagebehörde für den Fall zuständig sei, sagte ein Sprecher am Freitag in Karlsruhe und bestätigte damit einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus". Der Generalbundesanwalt könne zuständig sein, wenn ein durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR angeordneter Auftragsmord vorläge. "Im Moment gibt es aber keine Anhaltspunkte dafür, im Gegenteil."

Kurras hatte Ohnesorg während des umstrittenen Schah-Besuchs am 2. Juni 1967 erschossen. Kurras wurde damals aus Mangel an Beweisen freigesprochen, nach deutschem Gesetz verjährt Mord allerdings nie. Bis vor einer Woche hatte niemand gewusst, dass Kurras SED-Mitglied und Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der Stasi war.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich unterdessen für eine Überprüfung der weiteren Pensionszahlungen an den 81-jährigen Kurras ausgesprochen. Dies wäre "nur recht und billig", sagte die CDU-Vorsitzende dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Nachträgliche Kürzungen habe es auch schon in anderen Fällen gegeben. Darüber müsse auf Grundlage des Berliner Beamtenrechts entschieden werden.

Trotz der spektakulären Kurras-Enthüllung hat es der Bundestag abgelehnt, die mögliche Stasi-Infiltrierung von Bundestag, Bundesministerien und Bundesbehörden systematisch zu untersuchen. Ein entsprechender FDP-Antrag fiel bei Union, SPD und Linkspartei durch, die Grünen enthielten sich. (HA)