Die USA gaben kein grünes Licht für die Operation. GdP-Chef Konrad Freiberg für langfristige Lösung.

Berlin/Hamburg. Wegen Sicherheitsbedenken hat die Bundesregierung einen Kampfeinsatz der Anti-Terror-Einheit GSG 9 zur Befreiung des deutschen Frachters "Hansa Stavanger" vor Somalia abgebrochen. Wie "Focus" und "Spiegel" berichten, wurde die Geheimoperation einer der 200 Mann starken Spezialeinheit Mitte der Woche wegen zu hoher Risiken für das Leben der 24 Geiseln und der Polizisten eingestellt.

Nach Angaben des Münchner Magazins hatten die Piraten an Bord des am 4. April entführten Hamburger Containerschiffs, auf dem sich auch fünf deutsche Crewmitglieder befinden, die Wachen verdoppelt und jede Schiffsbewegung vor der Küste beobachtet. Nach Informationen des Hamburger Magazins war die Spezialeinheit vom US-Hubschrauberträger USS "Boxer" bereits in die Nähe des Frachters transportiert worden, ehe sie am Mittwochabend zurückbeordert wurde.

Für eine "langfristige Lösung gegen die Überfälle von Piraten" hat der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, plädiert. "Der Abbruch der Befreiungsaktion zeigt die ganze Komplexität des Themas Somalia", sagte Freiberg dem Abendblatt. Eine Lösung könne aber "nur international und insbesondere in enger Abstimmung mit den Amerikanern geschehen", erklärte der Gewerkschaftschef. "Ob das Risiko für Leib und Leben wesentlich höher ist als die Zahlung von Lösegeld, muss genau abgewogen werden", so Freiberg.

In Berlin sei die Entscheidung nach einer Sitzung des Krisenstabs der Bundesregierung gefallen, hieß es weiter. Zuvor habe der Sicherheitsberater von US-Präsident Barack Obama, James Jones, die notwendige Zustimmung für den Einsatz verweigert. Der Krisenstab hatte die US-Regierung um Hilfe gebeten.

Die betroffene Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg hat angeblich Kontakt zu den Piraten aufgenommen. Verhandelt werde über eine Lösegeldsumme von knapp fünf Millionen US-Dollar.

Das Bundesinnenministerium erklärte, dass es zu operativen Maßnahmen keine Angaben mache. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, der Krisenstab arbeite "unverändert intensiv" an der Freilassung der Geiseln.

Die GSG 9 soll nun nach Deutschland zurückkehren. Während der dreiwöchigen Planungen der geheimen Kommandoaktion soll es mehrfach Streit zwischen den beteiligten Ministerien gegeben haben. Das Auswärtige Amt habe dem Innenministerium vorgeworfen, ohne Not die US-Regierung eingebunden zu haben. Außerdem sei keine ausreichende Risikoanalyse vorgelegt worden. Zu der abgebrochenen Befreiungsaktion will Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin heute eine Dringliche Anfrage im Bundestag einreichen. Trittin will wissen, ob fehlende Unterstützung durch die USA und "Streit um eine Risikoanalyse" zwischen den Ministerien Grund für den Abbruch der Befreiungsaktion gewesen seien. Auch FDP-Verteidigungsexperte Rainer Stinner forderte Aufklärung.

Unterdessen vereitelte die Besatzung der portugiesischen Fregatte "Corte-Real" im Golf von Aden einen Piratenüberfall auf den norwegischen Öltanker "Kition". Die Soldaten nahmen 19 Männer fest und stellten Sprengstoff, Schnellfeuergewehre und Panzerabwehrgranaten sicher. Die französische Marine und die Küstenwache der Seychellen nahmen 14 mutmaßliche Seeräuber im Indischen Ozean fest.

Gleichzeitig brachten Piraten aber drei andere Schiffe und deren Besatzungsmitglieder in ihre Gewalt. Es handelt sich um den britischen Frachter MV "Ariana", den pakistanischen Frachter MV "Al-Misan" sowie um einen Frachter aus der Ukraine.