Die Bundesregierung hat dem rasant wachsenden Kinderpornografie-Markt im Internet den Kampf angesagt.

Berlin. Die Bundesregierung hat dem rasant wachsenden Kinderpornografie-Markt im Internet den Kampf angesagt. Ein entsprechender Gesetzentwurf, den das Kabinett gestern beschloss, soll noch vor der Sommerpause Bundestag und Bundesrat passieren. Ziel sei es, das lukrative Massengeschäft "hartnäckig zu stören", sagte Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) fügte hinzu, es gehe um die "Einstiegsverhinderung": Mit der Zugangssperre werde man 80 Prozent der Konsumenten erreichen. Zu Guttenberg bedankte sich ausdrücklich bei der Familienministerin für die von ihr geleistete Arbeit: Die sei "sehr initiativ" gewesen.

Das neue Gesetz wird privatwirtschaftliche Internetanbieter mit mindestens 10 000 Kunden und damit 97 Prozent des Marktes erfassen. (Behörden und öffentliche Einrichtungen mit eigenen Netzen sind von der Sperrpflicht befreit, weil sie sich selbst klare Regeln gegeben haben.) Damit gebe es auch die Möglichkeit, die Täter zu verfolgen, sagte die Familienministerin: "Ob und wie die Strafverfolgungsbehörden davon Gebrauch machen, das steht jedoch auf einem anderen Blatt." Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) versicherte, die Daten würden nicht gespeichert. "Aber die Strafverfolgungsbehörden können in Echtzeit zugreifen und können sehen, wer gerade versucht, eine solche Seite aufzurufen." Hartnäckige Wiederholungstäter müssen mit bis zu zwei Jahren Haft rechnen. Dem Abendblatt gegenüber wies die Ministerin das Wort Zensur zurück. Es sei aber zutreffend, sagte sie, dass man die Provider mittels Gesetz dazu zwinge, eine Technik anzubieten, mit der sich beliebig Seiten sperren ließen. "Ich gehe davon aus, dass dadurch Begehrlichkeiten geweckt werden, auch Inhalte ausländischer Anbieter zu reglementieren, die keinen Bezug zu Kinderpornografie aufweisen." Dringend notwendig sei deshalb eine generelle Diskussion über die sich ändernde Bedeutung des Internets: "Wir müssen uns in Deutschland zunächst darüber klar werden, wie wir mit dem Internet generell umgehen wollen. Befürchtungen, die Liste sperrwürdiger Inhalte würde sehr schnell sehr lang werden, sind in meinen Augen berechtigt. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass wir nicht über das Ziel hinausschießen. Deshalb bleibt es bei der Begrenzung auf die Sperrung von Kinderpornografie."

Bereits am Freitag hatten fünf der größten deutschen Internetanbieter freiwillig Verträge mit dem Bundeskriminalamt (BKA) unterzeichnet. Darin verpflichten sie sich, vom BKA identifizierte Seiten mit Kinderpornos zu sperren. Wer diese aufruft, soll ein Stopp-Schild sehen. Im Gesetzentwurf wird den Anbietern nicht mehr vorgeschrieben, wie sie die Seiten blockieren. Damit reagiert die Bundesregierung auf Kritik, wonach die in den Verträgen mit dem BKA vorgesehene Sperrung umgangen werden könne.