Im Gesundheitsfonds fehlen 2009 rund 2,9 Milliarden Euro. Auch der Bundesagentur für Arbeit droht ein hohes Defizit.

Berlin

flk/AP

Ein Milliardendefizit der gesetzlichen Krankenversicherung reißt in diesem Jahr zusätzliche Löcher in den Bundeshaushalt. Nach Berechnungen des sogenannten Schätzerkreises fehlen dem Gesundheitsfonds 2009 rund 2,9 Milliarden Euro. Der Grund seien die geringeren Einnahmen infolge des Konjunktureinbruchs und der schlechteren Lohn- und Beschäftigungsentwicklung, teilte das Expertengremium am Donnerstag nach Beratungen in Berlin mit. Der Bund steht in der Pflicht, den Fehlbetrag durch ein Darlehen auszugleichen.

Zwar muss der Fonds die geliehene Summe bis Ende 2011 an den Bundeshaushalt zurückzahlen. Experten bezweifeln jedoch, dass er angesichts der anhaltenden Flaute dazu in der Lage sein wird, ohne die Versicherten massiv zu belasten. Die gesetzlichen Krankenkassen forderten die Politik daher auf, über Wege zur Finanzierung der Rückzahlung nachzudenken. "Die Politik muss entscheiden, ob die Versicherten das über Zusatzbeiträge bezahlen müssen oder ob das Darlehen in einen Zuschuss umgewandelt werden muss", sagte die Vorsitzende des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, nach der Sitzung. Für 2009 könne durch das Darlehen aber Entwarnung gegeben werden. "Was im nächsten Jahr passiert, ist sicher eine andere Frage", fügte sie hinzu.

Der viermal im Jahr tagende Schätzerkreis setzt sich zusammen aus Experten des Gesundheitsministeriums, des Bundesversicherungsamts sowie der Krankenkassen. Ihre Berechnungen bilden auch die Grundlage für die Festsetzung des einheitlichen Beitragssatzes im Herbst. In den Gesundheitsfonds fließen seit Jahresbeginn sämtliche Beitragseinnahmen. Der Geldpool verteilt die Mittel - insgesamt fast 168 Milliarden Euro - an die Kassen. Der einheitliche Beitragssatz für alle gesetzlich Versicherten liegt bei 15,5 Prozent. Zum 1. Juli sinkt er durch das zweite Konjunkturpaket auf 14,9 Prozent. Anders als für die Einnahmen sind die Kassen für ihre Ausgaben allein verantwortlich. Liegen diese über den Planungen und kommt eine Kasse deswegen in Finanznöte, muss sie einen Zusatzbeitrag von maximal ein Prozent des Bruttoeinkommens erheben. Laut Bundesversicherungsamt blüht eine solche Zusatzlast ab 1. Juli für 4,5 Millionen Mitglieder aus 16 Kassen. Etwa ebenso viele können aber mit Rückerstattungen rechnen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat nach eigenen Angaben in diesem Jahr ebenfalls ein weit größeres Haushaltsdefizit als erwartet. Statt minus elf Milliarden Euro dürfte ein Fehlbetrag von bis zu 14 Milliarden Euro anfallen, sagte BA-Chef Frank-Jürgen Weise. Der Fehlbetrag soll in diesem Jahr aus BA-Rücklagen gedeckt werden, 2010 sei dies aber nicht mehr möglich.

Indes traten CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla und Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) Meldungen entgegen, wonach wegen der schlechten Wirtschaftslage auch die Rentenbeiträge angehoben werden müssten. Der Satz werde im gesamten nächsten Jahrzehnt nicht über die heutige Höhe von 19,9 Prozent steigen, sagte Scholz der "Passauer Neuen Presse". Die Bundesregierung gehe davon aus, dass die Meldungen über notwendige Rentenkürzungen "schlicht falsch" seien, sagte Scholz. Darüber hinaus erwarte er eine positive Bruttolohnentwicklung auch 2009 und 2010. Sollte dies eintreten, käme es zu keiner Rentenkürzung. Um eine solche generell auszuschließen, will Scholz zusätzlich eine Reduzierung gesetzlich verbieten. Auch der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung bleibe stabil. Mitten in einer Krise werde der Beitragssatz nicht erhöht, sagte der Arbeitsminister.