Saar-Ministerpräsident Peter Müller erwartet, dass sich die Kanzler-Partei im Wahlkampf nun schneller positionieren muss.

Hamburg/Berlin

Während die SPD ihr Programm zur Bundestagswahl bereits vorgestellt hat, beabsichtigen CDU und CSU, mit ihrer gemeinsamen Programmatik noch bis zum 29. Juni zu warten. Dahinter steht zum einen die Absicht, nicht zu früh Angriffsfläche zu bieten. Zum anderen wollen die Unionsparteien die Zeit nutzen, um unterschiedliche Positionen anzugleichen. Ob sich dieser Plan einhalten lässt, erscheint inzwischen allerdings fraglich. Denn der Wirtschaftsflügel der CDU, ohnedies nicht glücklich mit dem Kurs der eigenen Partei in der Großen Koalition, ist mit einem eigenen Wahlprogramm in die Offensive gegangen. Damit wächst der Druck auf die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel, die Union schneller zu positionieren.

24 Seiten umfasst der Forderungskatalog des CDU-Wirtschaftsrats, über den die "Financial Times Deutschland" als Erstes berichtete. Unter anderem verlangt das Gremium von Präsident Kurt Lauk die Abschaffung der Erbschaftssteuer und des Solidaritätszuschlags. Damit geht der Wirtschaftsrat weit über die Positionen der Parteispitze hinaus. Um die Mittelschicht zusätzlich zu entlasten, soll der Anstieg der Einkommenssteuertarife in der nächsten Wahlperiode abgeflacht und regelmäßig an die Inflation angepasst werden. Die Steuerpläne würden Bund und Länder dem Bericht zufolge bis zu 20 Milliarden Euro kosten.

Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) erwartet, dass sich die Union nun schneller auf ein gemeinsames Wahlprogramm verständigt. "Ich bin zuversichtlich, dass wir schon sehr bald ein gemeinsames Wahlprogramm von CDU und CSU vorlegen werden", sagte Müller dem Hamburger Abendblatt. "Wir nehmen die inhaltlichen Ausführungen des CDU-Wirtschaftsrates als Diskussionsbeitrag für ein gemeinsames Wahlprogramm von CDU und CSU zur Kenntnis. Denn Ziel der Union muss es sein, mit einem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU in die Wahlauseinandersetzung am 27. September zu ziehen. Daran arbeiten wir."

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla, der in dieser Woche mit einem Entwurf des Wahlprogramms beginnen will, reagierte säuerlich auf den Vorstoß des Wirtschaftsrats. Er begrüße, dass sich das Gremium umfassend Gedanken zum Wahlprogramm der Union gemacht habe. Allerdings müssten Wunsch und Wirklichkeit zusammenpassen, so Pofalla. "Entlastungen von rund 40 Milliarden Euro zu versprechen und gleichzeitig in die Schuldentilgung einzusteigen ist zwar wünschenswert, aber in diesem Umfang nicht realisierbar." Die FDP forderte den Wirtschaftsrat indes zur Zusammenarbeit auf. "Wer wieder mehr soziale Marktwirtschaft will, sollte sich nicht nutzlos innerhalb der CDU aufreiben, sondern mit der FDP für eine starke bürgerliche Mehrheit kämpfen", sagte FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms dem Abendblatt - und stellte fest: "Die Absetzbewegung des CDU-Wirtschaftsflügels weg von der Mutterpartei beschleunigt sich immer stärker."