Dass er gewinnen würde, war klar. Doch dass 97 Prozent der Delegierten für ihn stimmen würden, kam für SPD-Parteichef Franz Müntefering ein wenig überraschend.

- "Solange meine Kraft reicht, werde ich mithelfen", sagte der 69-Jährige unter Beifall. Ein aussichtsreiches Ticket in den Bundestag sicherten sich auch Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (97,2 Prozent) mit Platz 3 und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (96,7 Prozent) mit Platz 4 der Liste. Derzeit hat die nordrhein-westfälische SPD 54 Abgeordnete im Bundestag.

Müntefering hatte den Genossen auf dem Landesparteitag in Nordrhein-Westfalen genau das gegeben, was sie wollten. Müntefering gab den Investmentbankern die Schuld an der Wirtschaftskrise: "Da sitzen mehr Nieten als in einer Losbude auf der Kirmes." Er rechnete mit dem bestehenden Wirtschaftssystem ab: Das dürfe "nicht neu lackiert werden, sondern gehört in die Mülltonne der Geschichte". Auch Kanzlerin Angela Merkel griff er gewohnt bissig an: "Wenn die Kanzlerin sagt, sie will weiterregieren, aber eigentlich keinen Wahlkampf machen, ist das eine Missachtung der Demokratie. Wenn man regiert, muss man sagen, was man will."

SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier sagte gleich, was er will: "Wir wollen in ganz Deutschland stärkste Partei werden." Dafür sei eines wichtig: "Wenn wir die Menschen in diesem Jahr von der Sozialdemokratie überzeugen wollen, dann müssen wir über Gerechtigkeit reden." Auch der Außenminister setzte auf populistische Themen. "Die Leute wollen wissen: Wer zahlt am Ende die Zeche für den Schlamassel?" Die Zeit der Marktradikalen sei vorbei. Am Tag zuvor, auf dem Gewerkschaftstag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Nürnberg, hatte Steinmeier für die Zukunft deutlich mehr Ausgaben für Bildung versprochen. Allein sieben Prozent des BIP müssten bis 2015 in Bildung fließen, drei Prozent in Forschung. Seine Begründung: "Es kann nicht angehen, dass wir Milliarden in die Hand nehmen für Bankenschirme und für die Beseitigung von Spekulationsmüll einstehen, aber dass es dabei in unseren Schulen durch die Decke regnet und dass Lehrer fehlen und Stunden ausfallen." (ctj)