Peter Sodann war als Leipziger “Tatort“-Kommissar Ehrlicher eine erfreuliche TV-Variante des guten alten Volksschauspielers, der die Gewitztheit und...

Peter Sodann war als Leipziger "Tatort"-Kommissar Ehrlicher eine erfreuliche TV-Variante des guten alten Volksschauspielers, der die Gewitztheit und dumpfe List eines Kleinbürgers verkörpert, ein sächsischer Datterich, der sich ins Dickicht des Dialekts zurückzieht, von wo aus er grantelt und bruddelt, Liebe als ein Bier- und Bratkartoffelverhältnis in der abendlichen Stampe vollzieht und den Neureichen mit seiner Bauernschläue auf die kriminelle Schliche kommt.

Man konnte sich vorstellen, dass ein solcher Schauspieler mit Schwejk-Zügen nach Drehschluss - oder wenn die Theatervorstellung zu Ende ist - in den Kneipen der realen Welt in ein dumpfes Stammtisch-Räsonieren (in der DDR "war auch nicht alles schlecht!" Und: "Demokratie im Westen, dass ich nicht lache!") verfällt, das vor spießiger Selbstgenügsamkeit und Wehleidigkeit eines alten, in jeder Hinsicht zu kurz gekommenen Mannes trieft. Macht man so einen zum Kandidaten für das Bundespräsidentenamt, wird's heikel, weil der dann sein Stammtisch-Bramarbasieren für kernige Volksstimme hält.

Bush? Würde er nie besuchen. Ackermann? Würde er mit gezückter Pistole eigenhändig als Kommissar verhaften! Der Papst? Dem würde er die Leviten lesen, dass er die Kriegstreiber in der Welt nicht beim Namen nennt. Die Bundesrepublik, deren Präsident er werden möchte? "Ist keine Demokratie!" Und könne sich "von der DDR etwas abschneiden". Seine selbstzufriedene Lebensphilosophie lautet, etwas altmännerhaft unappetitlich: Er setze sich jeden Morgen mit einem gelösten Kreuzworträtsel aufs Klo, weil er den Tag gern mit zwei Erfolgserlebnissen beginne. Das ist der sächsische Humor, der in Krisen "die Gacke am Dampfen" sieht. Sodann spricht, wie ihm der Schnabel in der DDR verwachsen ist. Alle Sodann-Sprüche (Wehe, wenn sie losgelassen) müssten selbst dem hartgesottensten Linken kalte Schauer über den Rücken jagen. Aber sie brauchen ihn, als Kandidat, und so entblödet sich Lafontaine nicht, der sich für nichts zu schade ist, wenn es seinem Kalkül dient, derartige Kannegießereien mit dem berühmtesten Historiker der griechischen Antike zu vergleichen: "Im Gegensatz zu seinen Kritikern ist Peter Sodann gebildet. Als Theatermann kennt er seinen Thukydides."

Ham Ses nicht 'ne Nummer kleiner? Lafontaine ist zynisch genug, Derartiges ohne Grinsen und ohne Erröten vorzutragen. Er braucht Sodann - bis zur Bundespräsidentenwahl. Um sich an Gesine Schwan zu rächen (sie hat ihn als hemmungslosen Populisten beschrieben) und um die SPD wieder einmal vorzuführen und zu demütigen. Vielleicht sollte Ypsilanti vor ihrem Tigerritt sich vor der bräsigen Hinterlist Lafontaines wenigstens ein wenig gruseln.

Karasek schreibt heute auch im Sport: