Der pensionierte “Tatort“-Kommissar wollte nicht Nein sagen und lässt sich vor den Karren von Gregor Gysi und Oskar Lafontaine spannen.

Berlin. Das SED-Regime hat Peter Sodann wegen angeblicher "staatsfeindlicher Hetze" ins Gefängnis gesteckt, als er 25 Jahre alt war, und später sollen sage und schreibe 80 Stasispitzel auf ihn angesetzt gewesen sein. Was treibt einen, der zu DDR-Zeiten so etwas erlebt hat, ausgerechnet in die Arme der Linken? Er wolle mithelfen, "die Utopie einer gerechteren und friedlicheren Welt zu verwirklichen", hat der Schauspieler dazu gestern gesagt, nachdem die Bundestagsfraktion der Linken beschlossen hatte, ihn als Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl am 23. Mai aufzustellen. Und dass er glaube, dass ein Volk ohne Utopien "wohl tot" sei. Und dass sein, Sodanns Herz, "immer schon links" geschlagen habe. "Und wenn dann noch ein Mann wie Gregor Gysi kommt und mich fragt, und ein Oskar Lafontaine und Lothar Bisky und andere - warum sollte ich dann Nein sagen?"

Tja, warum eigentlich? Vielleicht weil keiner mehr so richtig staunt, wenn das Kaninchen zum zweiten Mal aus dem Hut gezaubert wird. Oder weil man einen Kandidaten, der schon einmal ängstlich zurückgezuckt ist, nicht mehr ernst nehmen kann.

Sodann hat nämlich schon einmal zwischen einem selbstzufriedenen Gregor Gysi und einem triumphierenden Oskar Lafontaine gestanden. Im Juli 2005 hatten sie ihn breitgeschlagen, bei der anstehenden Bundestagswahl als Spitzenkandidat für Die Linke zu kandidieren. Aber damals ermittelte Peter Sodann noch als "Tatort"-Kommissar Bruno Ehrlicher, und als ihm der MDR mit Rausschmiss drohte, machte er eine Kehrtwende. Er sei lieber ein politisch denkender Schauspieler als ein schauspielernder Politiker, hat Sodann damals verkündet - wohl wissend, dass er sich selbst schwer beschädigt hatte. Sowohl in den Augen derer, die mit der Linken sympathisierten und nun einen Hasenfuß in ihm sahen, als auch in Augen der SED- und Stasi-Opfer, die den Mann aus Halle fortan für einen Wirrkopf hielten. Ganz abgesehen von den vielen Sodann-Fans, die sich über den Eiertanz des von ihnen geschätzten Mimen einfach nur wunderten.

"Dieses Mal habe ich mir das genauer überlegt", hat Sodann gestern auf die Frage geantwortet, warum er sich das noch einmal antue. Das große Wort führten da aber schon wieder die anderen. Oskar Lafontaine, der tönte, Sodann "wäre ein wirklicher Bundespräsident des Volkes". Oder Lothar Bisky, der vom "aufrechten Gang" Sodanns schwärmte. Oder Gregor Gysi mit seiner Bemerkung, Sodann sei "ein rebellischer Geist". Aus dem Mund von Gysi, der mit dem Ministerium für Staatssicherheit angeblich nur das Nötigste gesprochen haben will, klingt ein solches Kompliment allerdings verdorben.

Peter Sodann wird sich also in den kommenden Monaten von der Linken, die aus der PDS hervorging, die wiederum die Nachfolgepartei der SED gewesen ist, herumzeigen lassen. Er wird sagen, dass er gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan ist. Und sich dafür beklatschen lassen. Auch für seine Feststellung, dass Reiche immer reicher werden und Arme immer ärmer. Solche Sachen kommen bei der Linken, die für vieles Geld fordert, aber selten sagt, wo es herkommen soll, sehr gut an. Mit einem Wort: Sodann wird der Partei sein freundliches Gesicht zur Verfügung stellen.

Gestern, im Berliner Reichstag, auf der Fraktionsebene, hat Sodann etwas überfordert gewirkt. "Was soll ich sagen?", hat er die wartenden Journalisten gefragt, "das ist alles ganz schwer." Und hinzugefügt: "Ich hätte nie gedacht, dass einmal irgendjemand kommt und sagt: 'Willste nicht Bundespräsident werden?'"

Sodann ist heute 72 Jahre alt. Er wird immerhin wissen, dass er am 23. Mai nicht den Hauch einer Chance hat. Das Verhältnis zum Heimatsender, der Sodann im April 2007 als "Tatort"-Kommissar pensionierte, ist inzwischen offenbar völlig abgekühlt. Nicht mal "Viel Glück!" wollte man ihm dort wünschen, beim MDR hieß es zur Nachricht, dass Peter Sodann gegen Horst Köhler und die SPD-Kandidatin Gesine Schwan antreten wird, nur knapp: "Kein Kommentar."