Es ist bezeichnend, dass Angela Merkel im Rahmen ihrer “Bildungsreise“ zur Vorbereitung des Gipfels mit den Ländern bislang noch keine einzige...

Es ist bezeichnend, dass Angela Merkel im Rahmen ihrer "Bildungsreise" zur Vorbereitung des Gipfels mit den Ländern bislang noch keine einzige Universität besucht hat. Kitas, Betriebe, Hauptschulen: Überall war die Kanzlerin bereits, um sich vor Ort Eindrücke zu verschaffen für das große Ereignis im Oktober, das auch den Grundstein für ihre Wiederwahl legen soll. Die Krise, in die Deutschlands Hochschulen nach der Umstellung auf das pseudo-internationale Bachelor/Master-System geraten sind, ist von der politischen Klasse nicht begriffen worden. Gut also, dass der Hochschulverband jetzt eindringlich davor gewarnt hat, die gravierenden Probleme mit dem einst hochgejubelten neuen Studiensystem weiter zu ignorieren.

Es war von Anfang an ein kühnes, vor allem aber dummes Unterfangen, den Bachelor-Titel zum Regelabschluss zu machen. In sechs Semestern lässt sich kaum mehr als Grundwissen erwerben. Kein Wunder, dass die Absolventen es auf dem Arbeitsmarkt schwer haben. Tatsächlich muss stattdessen der höherwertige Master Regelabschluss werden, auch wenn das viel Geld kosten wird. Dann entspricht die Ausbildung an Universitäten auch wieder dem, was angehende Akademiker von ihr erwarten können: Qualität statt Schmalspur.

Geradezu standortschädigend war auch die Abschaffung des "Diplom-Ingenieurs", um den das akademische Deutschland weltweit beneidet wurde. Sollten die Teilnehmer an Merkels Gipfel irgendeine Möglichkeit sehen, diesen Titel doch noch zu retten, wäre das ein Segen, der noch nicht mal etwas kostet. Dass schließlich Bachelor und Master den Wechsel an ausländische Universitäten auch noch erschweren, statt wie versprochen zu erleichtern, illustriert den Grad der Verkorkstheit der ganzen Reform.