Deutschlands Gewerkschaften sind unzufrieden mit der Umsetzung des Nationalen Integrationsplans. Vor einem Jahr wurde dieser von Bundesregierung und Verbänden verabschiedet, um eine bessere Einbindung von Migranten zu erreichen.

Berlin. Er sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, doch von einer "historischen Wende zur Einwanderungsgesellschaft" sei Deutschland noch weit entfernt, kritisierte Annelie Buntenbach vom Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gestern in Berlin.

Während sich die Zivilgesellschaft bewege und gerade Migrantenorganisationen aktiv geworden seien, lasse die Umsetzung der Selbstverpflichtungen auf Regierungsebene noch zu wünschen übrig. So sei es "ein Hohn", dass die Bundesregierung die Mittel für Sprachkurse gekürzt habe, obwohl das Beherrschen der deutschen Sprache eine unabdingbare Voraussetzung für eine gelingende Einbindung sei, so Buntenbach. Marianne Demmer, die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), bezeichnete die fehlende Integration in das Bildungswesen als einen der "Schwachpunkte unserer Gesellschaft". Junge Migranten würden grob benachteiligt. Sie sprach sich gegen die frühe Aufteilung der Schüler in verschiedene Schulformen aus. Zudem forderte Demmer einen Ausbau des Angebots an Kindertagesstätten mit Sprachförderungsprogrammen sowie mehr Deutschunterricht: "Wir brauchen Sprachförderung über den ganzen Bildungsweg hinweg."

Immerhin im Bereich der Ausbildungsangebote gab es Positives zu berichten: Durch den wachsenden Mangel an Fachkräften stiege in den Unternehmen die Bereitschaft, jugendliche Migranten auszubilden, berichtete Michael Vassiliadis von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Allein in Hamburg entstanden im vergangenen Jahr 99 zusätzliche Ausbildungsplätze für Ausländer - gehofft hatte man auf 20. Als weiteres erfolgreiches Beispiel von Förderung nannte er spezielle Tarifverträge im Bereich Chemie, womit Jugendliche ohne Schulabschluss und mit Migrationshintergrund ein Jahr lang fit für eine Ausbildung gemacht werden. Rund 70 Prozent derjenigen, die diese Vorbereitung durchlaufen hätten, bekämen anschließend einen Ausbildungsplatz. Dieser Weg sei sinnvoller als die bestehende staatliche Förderung von Einstiegspraktika.