Tim Mälzer toppt Loki Schmidt: Manche Ergebnisse dürfen belächelt werden. Aber das Ranking in “Bild am Sonntag“ spiegelt, was belohnt wird, was sich rächt - und wie Prominenz wirklich funktioniert.

Ist es eine gute Nachricht, dass 76,9 Prozent der Deutschen mehr Vertrauen zu einem Fernseh- Entertainer wie Günther Jauch haben als zum Papst oder dem amtierenden Bundespräsidenten? Zumindest überraschend ist, was das Forsa-Institut bei seiner repräsentativen Vertrauens-Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" herausbekommen hat (als repräsentativ gilt eine Umfrage mit mindestens 1000 Befragten). 125 Namen von deutschen Prominenten aus Politik, Fernsehen, Wirtschaft, Kultur und Sport hatte die BamS-Redaktion vorgegeben. Die Befragten konnten bei jedem Namen ankreuzen, ob sie der Person sehr großes, großes, wenig oder überhaupt kein Vertrauen entgegenbringen.

Vertrauen - ein großes Wort. Und offenbar wird es ganz unterschiedlich aufgefasst. Zum Beispiel erhält Alice Schwarzer einen größeren Vertrauensbonus als Helmut Kohl; vermutlich einfach nur, weil feministische Positionen immer noch aktuell sind. Warum aber beide von Peter Kloeppel getoppt werden, bleibt im Nebel. Warum genießt Alleskocher Tim Mälzer nach dieser Umfrage mehr Vertrauen als Naturschützerin Loki Schmidt oder Verteidigungsminister Franz Josef Jung? Wahrscheinlich fragt sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), welche kosmischen Ungerechtigkeiten ihn auf Platz 64 hinter die holsteinische Ex-Kollegin Heide Simonis (SPD) verschlagen haben.

Die Antwort ist in allen Fällen die gleiche: Wer öfter im Fernsehen ist, erzeugt auch mehr Vertrauen. Mälzer beim Kochen, Simonis wenigstens beim Tanzen. Günther Jauch verwaltet dreimal wöchentlich quasi das deutsche Volkswissen. Kein Wunder also, dass schon unter den ersten 40 Plätzen 15 TV-Größen (Moderator/-innen, Show- und Serienstars) und nur fünf Politiker vertreten sind. Ein Ranking funktioniert nun mal nur mit sehr bekannten Namen. Zwar richten die Deutschen ihr Vertrauen nicht allein an Quoten-Stars, Berufspromis und Bundeskabinett aus. Aber sie können sich offenbar nicht die Namen ihrer Spitzenforscher, Spitzenautoren oder Nobelpreisträger merken oder gar stolz auf sie sein. Bei "Judith Hermann" oder "Theodor Hänsch" hätte man riskiert, dass die halbe Nation "weiß nicht" ankreuzt.

Allerdings hat Forsa-Chef Manfred Güllner einen wunderbaren Satz gesagt: "Man darf Bekanntheit keinesfalls mit Bedeutung gleichsetzen." Deshalb sind die Umfrageergebnisse vor allem eine Nachhilfe-Lektion für diejenigen, die jetzt noch schlecht abgeschnitten haben: Verbessert mal ganz schleunigst eure Medienpräsenz! Grünen-Chefin Claudia Roth machte es richtig: Kürzlich sang sie in Götz Alsmanns WG-Show "Zimmer gesucht" grandios ein Chanson und sammelt so Punkte für einen würdigen Platz 67 - weit vor den nicht singenden Parteichefs Beck, Stoiber, Westerwelle und Lafontaine. Kardinal Karl Lehmann ist zwar quantitativ noch nicht so fernsehpräsent wie Dieter Bohlen, aber qualitativ nachhaltiger: Auf seine gusseisernen Haltungen kann das Volk wirklich vertrauen. Das hat sich ausgezahlt. Dieter weiß ja heute schon nicht mehr, was er gestern "gesächt hät".

Man könnte natürlich fragen: Warum fehlen Astronauten wie Thomas Reiter, Modeschöpfer wie Joop, große Musikstars wie Anne-Sophie Mutter, Regisseure wie Sönke Wortmann? Oder die "Tintenblut"-Bestsellerautorin Cornelia Funke? Mal ehrlich: Comedian Dieter Nuhr hätte doch ebenso viel Vertrauen verdient wie Sportsfreund Waldi Hartmann (der mit dem Bier, Platz 49) oder Wetterfrosch Jörg Kachelmann (Platz 21). Und ist Rechtschreibungs-Guru Bastian Sick nicht ebenso vertrauenswürdig wie Königin Silvia (Platz 8)?