Ob Putzfrau, Möbelpacker oder Hotelangestellte: Am ersten Tag nach der Schließung des Zauns war bei allen besonders die Geduld gefragt.

Heiligendamm. Eigentlich sollten Detlef Rodenwald (50) und seine sieben Kollegen seit 8 Uhr im G-8-Tagungshotel in Heiligendamm Zimmer leer räumen, um Platz für die Delegationsbüros zu schaffen. Um elf Uhr wartete der Trupp gestern immer noch am Ausgabetresen in der Sicherheitsschleuse an der Straße zwischen Bad Doberan und Heiligendamm. Die Möbelpacker waren in den Dateien der zahlreichen Computer des Bundeskriminalamtes nicht zu finden. Ohne Anmeldung gab es für sie keinen Passierschein.

Auch Kerstin Gideon (45) verstand die Welt nicht mehr. In der Nacht zuvor hatte die Reinigungskraft noch in der Kontrollstelle geputzt. "Und jetzt dürfen wir nicht mehr hinein", wundert sie sich. "Angeblich hat eine andere Firma den Auftrag, aber das muss ein Irrtum sein." Dabei sollte sie am Abend wieder putzen. "Wann soll ich denn schlafen, wenn ich hier so lange warten muss?"

Offiziell schloss die Polizei gestern Morgen um sieben Uhr die letzten vier Durchlässe in der komplexen "technischen Sperre", wie sie den knapp 13 Kilometer langen, 2,50 Meter hohen und mit Stacheldraht bewehrten Zaun um den G-8-Tagungsort nennt. Bis zum 9. Juni kommt nach Heiligendamm nur noch, wer dort wohnt, arbeitet oder etwas anzuliefern hat und eine mit einem Passbild versehene Ausweiskarte mit Chip besitzt. Der Weg in die Hochsicherheitszone war am ersten Tag für viele eher holprig.

Gelassen wartete zwischen Aufzugsmonteuren, Schleusenwärtern und THW-Mitarbeitern Katrin Budai (33) in der Schlange. Das Zimmermädchen aus dem Grand Hotel war extra zwei Stunden früher als sonst aufgestanden, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. Ihren Wagen musste sie auf dem Parkplatz an der Rennbahn abstellen, zum Hotel bringt sie ein Shuttle-Bus. "Da müssen wir halt durch", so Budai. Ellen Walther (75), die ebenfalls in Heiligendamm wohnt, lästerte lachend den aufkommenden Frust weg. "Die machen sich hier alle in die Hose." Womit sie den Sicherheitsaufwand meinte. Obwohl auch ihre Familie längst erfasst und fotografiert worden war, fehlte die Karte für ihren Sohn Frank.

Wer seine Ausweiskarte hatte, konnte zügig eine der acht Personenschleusen passieren. Akribisch untersuchten Zoll- und Polizeibeamte mit Plastikhandschuhen an den Händen Gürtel und ausgezogene Schuhe, wenn die Geräte anschlugen.

Wer mit dem Auto nach Heiligendamm wollte, dessen Unterboden war bis zur Rennbahn schon zweimal vorher gespiegelt worden. "An der Rennbahn mussten die Wagen über einen Scanner in XXL fahren", wie der Polizist Dominik Fseisi (25) erläuterte. An seinem Bildschirm konnte er ungewöhnliche Veränderungen am Wagen erkennen. Danach durchsuchten seine Kollegen Innen- und Kofferräume.

Trotz des massiven Polizeiaufgebots in der Region gelang es fünf Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood kurz vor der zweiten Sicherheitsschleuse ein Protest-Transparent quer über die Straße zu spannen. Die Zufahrtsstraße zur Sicherheitsschleuse wurde gesperrt.