KARLSRUHE. Nach fast 25 Jahren im Gefängnis erhält das frühere RAF-Mitglied Christian Klar Hafterleichterungen. Das Landgericht Karlsruhe gab in einer gestern veröffentlichten Entscheidung einer Beschwerde des 54-Jährigen statt und entschied, dass ihm Ausgänge in Begleitung von Polizisten gestattet werden müssen. Dies wollte ihm der baden-württembergische Justizminister Ulrich Goll (FDP) zum jetzigen Zeitpunkt verwehren.

Klars Anwalt Wolfgang Kaleck äußerte die Hoffnung, dass sein Mandant bereits in der kommenden oder der übernächsten Woche in den Genuss der Haftlockerung kommt. Die Entscheidung hat formell keinen Einfluss auf das von Klar bei Bundespräsident Horst Köhler eingereichte Gnadengesuch, gilt aber als wichtiges Zeichen. Klar sitzt seit November 1982 im Gefängnis. Er wurde unter anderem wegen Beteiligung an der Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer, Generalbundesanwalt Siegfried Buback und dem Bankier Jürgen Ponto zu fünfmal lebenslänglich verurteilt. Die Gerichtsentscheidung zugunsten von Hafterleichterungen ist noch nicht rechtskräftig. Das baden-württembergische Justizministerium ließ erkennen, dass es auf eine Beschwerde gegen den Beschluss wohl verzichten wird.

Nach einem Beschluss der Behörden vom Februar sollte Klar Hafterleichterungen wie begleitete und später unbegleitete Ausgänge bekommen. Später sollten ein Sonderurlaub und im Juli 2007 die Zulassung zum offenen Vollzug mit freiem Beschäftigungsverhältnis hinzukommen. Die Sachverständigen stuften die Rückfallgefahr Klars als sehr gering ein und erklärten es auch nach Gerichtsangaben für unwahrscheinlich, dass Klar Vollzugslockerungen missbrauchen würde.

Goll verweigerte allerdings die Zustimmung und ordnete ein neues Gutachten wegen eines Grußworts des 54-Jährigen an eine linke Konferenz an, in der Klar die "Niederlage der Pläne des Kapitals" propagierte. Das Verfahren sollte den Angaben des Gerichts zufolge bis zum Eingang des zweiten Gutachtens Ende August ruhen. Daraufhin lehnte die Justizvollzugsanstalt einen Antrag Klars auf erste begleitete Ausgänge ab.

Der Intendant des Berliner Ensembles, Claus Peymann, erneuerte sein Praktikumsangebot an Klar. "Ich gehe davon aus - falls er seine Meinung nicht geändert hat - dass er im Rahmen seines Freigangs ab Juli, oder besser nach den Theaterferien, seine Arbeit als Praktikant im Berliner Ensemble beginnen kann."