Interview mit Senait Meharis Manager Jobst-Henning Neermann:

Abendblatt Sonntags: Herr Neermann, Sie haben an Senait Mehari einmal vor allem ihre "Authentizität" gelobt. Nach dem "Zapp"-Bericht stellt sich das anders dar. Wie authentisch ist sie?

Jobst-Henning Neermann: Die Authentizität ist von dem Bericht nicht berührt. Sie wurde ausgenutzt, indem man die Definition des Begriffs "Kindersoldatin" mit Schießen und Töten gleichgesetzt hat. In diesem Sinne war sie, wie sie auch gesagt hat, keine Kindersoldatin, sondern ein "Kind des Krieges". Nach Uno-Definition allerdings war sie Kindersoldatin! Aber sie hat nicht geschossen und nicht getötet, und hat das nie behauptet.

Aber sie hat ihrer Darstellung in den Medien auch nie widersprochen. Im "Zapp"-Interview sagt sie erstmals, sie würde sich nicht als Kindersoldatin bezeichnen. Warum?

Neermann: Wir kamen von einer Pressekonferenz, auf der auch die ehemalige Kindersoldatin China Keitesis aus Uganda war. Neben ihr, die noch viel Schlimmeres erlebt hatte, wollte Frau Mehari sich nicht auf eine Stufe stellen.

Sind Sie überrascht über das ausgelöste Medien-Echo?

Neermann: Ich bin einfach enttäuscht, dass Journalisten nicht gut recherchieren.

Eben das wirft ja auch "Zapp" den Kollegen vor.

Neermann: "Zapp" wollte erreichen, dass Frau Mehari demontiert wird. Wir waren ja vorher mit dem Redakteur im Kontakt. Wir hatten gar nichts dagegen, mit Zeitzeugen an einem Tisch zu sitzen. Dieses Gespräch hat der "Zapp"-Redakteur aber abgesagt. Ist das fairer Journalismus? Gucken Sie mal, wie lange Frau Mehari im Beitrag gezeigt wird und wie lange die sogenannten Zeitzeugen gezeigt werden.

Sie stellen die Glaubwürdigkeit der Zeitzeugen infrage?

Neermann: Ja, ich stelle das in Frage. Rein hypothetisch: Ich frage mich, ob die Kommandantin einer Kinderarmee im Fernsehen zugeben würde, was sie getan hat. Würde die sagen: Ja, das habe ich damals gemacht? Und ich frage mich auch: Stimmt die Hautfarbe im Filmausschnitt von damals mit der Person der Zeitzeugin überein? Wo kommt auf einmal ein Film dieser Zeitzeugin von damals her? Welche Quellen wurden benutzt?

Aber sie hat von Fronterlebnissen berichtet.

Neermann: Ja, aber streiten wir jetzt auch über den Begriff "Front"? "Front" kann auch hinter dem Schützengraben sein. Frau Mehari war eine Kindersoldatin. Sie hat zum Beispiel in der "Beckmann"-Sendung auf die Frage, ob sie Kindersoldatin war, gesagt: "Ja." Aber sie hat auch gesagt: "Ich musste nicht töten." Den Teil zeigt "Zapp" aber nicht. Sie hat nichts Unwahres gesagt!

Sie hat von Löwen berichtet, die es dort nicht geben soll, von Kojoten anstatt von Hyänen. Wie kommt das?

Neermann: Ich war nie in Eritrea. Kojoten und Hyänen hat sie verwechselt, sagt sie. Und wir dürfen nicht vergessen: Es handelt sich um Kindheitserinnerungen.