MÜNCHEN. Die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat die Deutschen zu mehr Vaterlandsliebe aufgerufen. Ein positiver Patriotismus sei notwendig, damit sich Bürger für das Gemeinwesen einsetzen und Zuwanderer integrieren könnten, unterstrich Knobloch am Mittwochabend auf der Jahrestagung der Evangelischen Akademie Tutzing.

"Nur derjenige, der sich des Wertes seiner Heimat bewusst ist, nur wer sein Land liebt, wird sich für dessen Existenz und Fortentwicklung engagieren", sagte Knobloch dem vorab verbreiteten Redetext zufolge. "Wenn wir es schaffen, den Patriotismusbegriff neu und positiv zu besetzen, können wir den Nazis Raum entziehen."

Weil die Vaterlandsliebe missbraucht und pervertiert worden sei, habe sie nach 1945 unter Generalverdacht gestanden. Das sei fatal, warnte Knobloch. Die Deutschen hätten inzwischen eine starke Demokratie aufgebaut, die Menschenrechte fest in der Gesellschaft verankert und das Land zu einem verlässlichen internationalen Partner gemacht. Das sollte "uns stolz und dankbar machen", sagte sie. Stattdessen herrsche aber weithin "die Tendenz, die eigene Heimat abzuwerten" oder sogar lächerlich zu machen. "Zuwanderer fragen mich oft, warum die deutschen ihr Land nicht lieben", sagte die Zentralratsvorsitzende: Wie sollten sie sich in ein Gemeinwesen integrieren, dessen Bürger es "gleichgültig oder ablehnend behandeln?"