Die Union hat Mühe, auf die Vorschläge der Regierung zu reagieren.

Berlin. Seit Montag war Unionskanzlerkandidat Edmund Stoiber unter Zugzwang. Mit dem Vorschlag, die Milliardenschäden des Jahrhundert-Hochwassers durch eine Verschiebung der Steuerreform von 2003 auf 2004 auszugleichen, hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) seinen Konkurrenten überrascht. Hektisch hatten Stoiber, CDU-Chefin Angela Merkel und Fraktionschef Friedrich Merz eine Sprachregelung suchen müssen. Was die Union dagegen setzen wollte, wusste Stoiber auf Anhieb nicht. Hinzu kam, dass die CDU-Ministerpräsidenten von Sachsen und Sachsen-Anhalt, Georg Milbradt und Wolfgang Böhmer, von der Flut am stärksten gebeutelt, klarmachten, dass sie jedes Geld annehmen würden. Im Zweifel würden sie auch im Bundesrat zu Schröders Gaben Ja sagen. Stoiber wies seinen Stab an, einen Gegenvorschlag zu erarbeiten. "Die Hilfen müssen sofort fließen. Und die Konjunktur darf nicht gedämpft werden", so die Vorgaben. Nachdem aus den Reihen der Union zunächst der Vorschlag kam und wieder zurückgezogen wurde, die Körperschaftssteuer zu erhöhen, glaubten am Mittwochnachmittag der CSU-Chef, Merz und die Fachminister der Union das Ei des Kolumbus gefunden zu haben: Nicht die Steuersenkungen sollten verschoben, sondern der Gewinn der Bundesbank angezapft werden. Stolz verkündete Stoiber nach einer Sitzung der CDU/CSU-Wahlkampfleitung dann: "Wir wollen keine Steuererhöhungen, sondern den Hochwasserfonds aus verfügbaren Bundesbankgewinnen in Höhe von 7,7 Milliarden Euro aus dem Jahr 2001 finanzieren." Böhmer nickte zufrieden: "Ich kann nicht klagen. Es gab großen Konsens über das Vorgehen." Doch die Regierung sagte Nein. Finanzminister Hans Eichel (SPD) meinte: "Dies knüpft nahtlos an die alte Schuldenpolitik der Vorgängerregierung an." Damit war klar, dass vor dem Wahltag Teil zwei der Beschlüsse der Wahlkampfführung greifen wird. Die Union wird das Projekt der Regierung im Bundestag und Bundesrat nicht blockieren. "Wir stellen uns nicht quer und lassen die Gesetzentwürfe passieren", sagte Stoiber. "So wird sichergestellt, dass die Flutopfer und die betroffenen Länder und Kommunen Sicherheit über die Höhe der Hilfsfonds erhalten." Nach einem Wahlsieg werde alles im Sinne der Union geändert. Wenn am kommenden Donnerstag im Bundestag über das Regierungskonzept abgestimmt wird, muss sich die Union in einer schwierigen Kunst üben: etwas zu akzeptieren, das sie eigentlich ablehnt. Sie wird ihren eigenen Gesetzentwurf präsentieren. Wenn es aber zum Schwur kommt, wird sich die Fraktion bei dem Votum über den Regierungsentwurf der Stimme enthalten, wie Merz ankündigte. (dpa)