Elternzeit ist für die überwältigende Zahl der Männer in Deutschland immer noch ein Wagnis - gerade fünf Prozent der Väter bleiben zu Hause. Neben den finanziellen Aspekten sieht die Hamburger Psychologin und Psychotherapeutin Britta Reiche (47) die Gründe vor allem in den tradierten Rollenbildern. "Viele Väter erleben eine Entwertung in den Betrieben", sagt die Entwicklungspsychologin, die für ihre Dissertation ("Väter-Dasein") Männer nach ihren Erfahrungen in der Elternzeit befragte. Aber es ist nicht nur die Angst vor dem beruflichen Abstieg, so Reiche. "Viele Männer erfahren einen Identitätswandel durch die Elternzeit, leiden unter Selbstwertverlusten." Solange in Deutschland als richtiger Mann nur gelte, wer 60 Stunden arbeitet, seien Veränderungen schwer möglich.

Mit einer angeborenen Rollenverteilung nach dem Schema Mutter gleich Kinder, Heim, Herd und Vater gleich Familienernährer habe das nichts zu tun. "Die Geschlechterrollen werden uns von Stunde eins an zugeschrieben. Die sind erlernt, nicht angeboren", sagt die Wissenschaftlerin, die für den Herbst eine Fachtagung Entwicklungspsycholgie und Gender (Fachtagung@Entwicklungspsychologie.info) an der Universität Hamburg vorbereitet.

Allerdings hätten auch die Frauen ihren Anteil, wenn - kaum sei das erste Kind geboren - die klassische Familienaufteilung gewählt wird. "Es gibt immer noch Frauen, die nicht abgeben können." Allen Studien zum Trotz, die belegten, wie sehr Kinder vom anwesenden Vater profitierten, sähen sie die Erziehungsdomäne als ihren Bereich. "Zumal für manche ein Mann, der zuviel hinterm Herd steht, auch enterotisierend wirkt." Das Elterngeld und auch die beiden Vätermonate hält die Psychologin für sinnvoll, "besonders wenn sie nach der Geburt als gemeinsame Elternzeit genutzt werden".