Frankenfeld

Die Frau - das beste, was es in dieser Art gibt, wie der Bühnenautor Curt Goetz zu Recht fand - hat es noch nie leicht gehabt. In früheren Jahrhunderten stellte sich die Frage nach einer beruflichen Karriere nicht - es gab sie nicht. Die meisten Frauen wurden behandelt wie Champignons - man hielt sie geistig im Dunklen und deckte sie mit männlichem Mist zu. Die Frau war selten dumm, aber meistens die Dumme.

Dies hat sich gründlich geändert; "you've come a long way, baby"- du hast einen weiten Weg zurücklegt, wie amerikanische Feministinnen jubeln. Nun sind viele Frauen da, wo die frühe Frauenbewegung sie hinhaben wollte - sie sind Ärztinnen, Unternehmerinnen und Bundeskanzlerinnen. Zwar ist das Ziel einer Gleichberechtigung noch nicht erreicht, aber schon mal in Sicht.

Und nun ist es manchen Frauen auch wieder nicht recht. Alison Wolf, Professorin am renommierten Kings College in London, warnt in Aufsätzen davor, daß der kometenhafte Aufstieg einer neuen, ehrgeizigen Frauengeneration verheerende Auswirkungen auf die Gesellschaft habe.

In der Zeitschrift "Prospect" vertrat sie eine These, die in Großbritannien heiß debattiert wird. Sie meint nämlich, daß mit den emporstürmenden, hochbezahlten Karrierefrauen ausgerechnet die talentiertesten Elemente der weiblichen Gesellschaft den dringend benötigten Sozialberufen verlorengehen. Wie Lehrerin, zum Beispiel.

Zweitens sei das Phänomen der Karrierefrau der Tod des typisch "weiblichen Altruismus", drittens lasse es viele Frauen auf Kinder verzichten, und viertens bedeute es das Ende der traditionellen "Schwesternschaft", also der globalen Frauensolidarität.

Der Wunsch nach Erfolg und Geld lasse bei vielen Frauen den Wunsch nach Kindern schwinden, meint Alison Wolf und fügt hinzu, noch immer sei die Familie das Zentrum der sozialen Fürsorge für Alte und Junge. Dies ändere sich jedoch dramatisch dadurch, daß die Gesellschaft auf erfolgreiche Frauen setze.

"Ich sage nicht, daß wir die Frauen zurück an den Herd treiben sollten", sagt die Professorin, selber eine Karrierefrau, im Londoner "Observer". "Ich sage nur, das alles hat Konsequenzen."

Zum Beispiel, daß nicht mehr alle Frauen die gleichen Lebenserfahrungen teilten oder auch anstrebten. Eine brisante These. "Frauen waren niemals eine homogene Gruppe", sagt zum Beispiel die Frauenrechtlerin Katherine Rake von der Fawcett Society, "dennoch teilen wir nach wie vor die gleichen Erfahrungen."

Die Gleichstellungsbeauftragte Jenny Watson dagegen meint, Alison Wolf zeichne die Karrierechancen heutiger Frauen viel zu rosig; noch immer bestehe die Gleichberechtigung in der Praxis nur aus einem "dünnen Furnier" auf der ansonsten männlich dominierten Gesellschaft.

Ganz anders die These der Autorin Daphne de Marneffe, einer promovierten Psychologin. Sie meint in ihrem neuen Buch "Maternal Desire" (etwa: Mütterliches Verlangen), aus dem die "Times" zitierte, Karriere und Mutterschaft seien zwei völlig inkompatible Lebensziele. Sie führt dabei eine Umfrage an, nach der es erfolgreichen Frauen zu eigen sei, "Schuldgefühle, Bedauern und zwiespältige Empfindungen bezüglich ihrer Lebensentscheidungen zu verdrängen". Erfolg sei offenbar gleichbedeutend damit, das Verlangen abzuwerfen, für seine Kinder da zu sein. Der Lohn der Arbeit - Geld, Macht, Prestige - stehe oft im direkten Wettbewerb mit jenem Lohn, den eine Mutterschaft gewähre.

Als Archetyp der jungen Karrierefrau erscheint Chiara Cargnel. Sie wußte von Kindesbeinen an, was sie wollte. Mit 26 Jahren ist sie Investmentbankerin in London, arbeitet 70 Stunden die Woche und verdient bereits 120 000 Euro im Jahr. Erst seit kurzem keimt auch ein Kinderwunsch in ihr. Wie sie sich das vorstellt, sagte sie dem "Observer": "Ich werde diese Entscheidung verschieben, bis meine Arbeitszeit im Laufe meiner weiteren Karriere besser zu handhaben sein wird." Sie räumt ein: "Man kann sich eben nicht um ein Kind kümmern, wenn man von 8.30 Uhr bis 23 Uhr arbeitet."