PR-Berater gerät immer stärker ins Abseits

Berlin. Führende Vertreter von Wirtschaft und Politik sind am Wochenende auf Distanz zu dem PR-Berater Moritz Hunzinger gegangen. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sagte, er habe Politikern seiner Partei geraten, sich nicht von Hunzinger beraten zu lassen und auch dessen Veranstaltungen zu meiden. "Dass man Vermittler wie Hunzinger einschaltet, sollten wir uns ersparen", sagte Müntefering. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, sagte: "Ich würde am liebsten ganz ohne die Hunzingers leben." Moritz Hunzinger bringt als PR-Berater unter anderem Vertreter aus Wirtschaft und Politik zusammen. Über ihre Kontakte zu dem Frankfurter Unternehmer sind zuletzt Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) und der Grünen-Abgeordnete Cem Özdemir gestolpert. Hunzinger selbst zeigte sich überrascht. "Was ich an den öffentlichen Distanzierungen ablesen kann, ist ein scheinheiliges Getue, das ich mir so nicht vorstellen konnte." Er rechne mit der einen oder anderen Vertragskündigung. Auf die Frage, wie lang die Liste der Politiker sei, die mit ihm zusammengearbeitet hätten, sagte er: "Da gibt es noch Hunderte. Mein Leben, mein Job besteht aus nichts anderem." Unterdessen ist die Debatte über eine Neufassung der Verhaltensregelungen für Abgeordnete in eine neue Runde gegangen. Die SPD-Bundestagsfraktion lehnte eine vollständige Offenlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab. Der neue Fraktionschef Ludwig Stiegler sagte, die Parlamentarier fürchteten eine "Neiddebatte". Für den "gläsernen Abgeordneten" gebe es in Deutschland keine Tradition wie in Amerika. Seine Fraktion sei für "Transparenz in allen Beziehungen, aus denen sich Einflussnahmen ergeben könnten". Die jüngsten Erschütterungen der politischen Landschaft sind offenbar allein zu Lasten der Regierungsparteien SPD und Grüne gegangen. Die führenden Meinungsforscher in Deutschland sehen mittlerweile alle eine Wechselstimmung zu Gunsten von Edmund Stoiber. Das Allensbacher Institut für Demoskopie sagt voraus, dass sich diese Stimmung noch weiter verstärken werde. Forsa-Chef Manfred Güllner vertritt die Auffassung, dass es "für die SPD jetzt jeden Tag schwerer" werde. Und auch der Leiter des Emnid-Instituts, Klaus-Peter Schöppner, glaubt nicht mehr an einen Wahlsieg der SPD. "Ich wüsste nicht, wie es Gerhard Schröder noch reißen will", sagte er. Dessen Popularitätswerte sind deutlich gesunken. All dies lässt die Sozialdemokraten offenbar deutlich nervös werden. So empörte sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement, dass die SPD-Wahlkampfzentrale "Kampa" Wahlkampfspezialisten nach NRW entsenden will.