HILDEGARD HAMM-BRÜCHER fordert den Sturz Möllemanns als FDP- Vize. Er hatte sie “Querulantin“ genannt - sie solle ihre Rente genießen.

Berlin. Allen Machtworten und Entschuldigungen zum Trotz lässt der stellvertretende FDP-Vorsitzende Jürgen Möllemann seine Partei nicht zur Ruhe kommen. Nach seinem Einlenken im Machtkampf mit Parteichef Guido Westerwelle attackierte Möllemann scharf seine innerparteilichen Kritiker, namentlich die Altliberalen Gerhart Baum und Hildegard Hamm-Brücher. Möllemann, der auch Landesvorsitzender von Nordrhein-Westfalen ist, bezeichnete Baum und Hamm-Brücher als "Querulanten", die "nichts beitragen zu einer positiven Entwicklung der FDP". Zugleich legte er ihnen den Austritt aus der Partei nahe. Sie sollten ihre Rente genießen. Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff und der ehemalige Bundesinnenminister Baum reagierten empört: Möllemann soll sich zurückhalten. Hamm-Brücher forderte die Ablösung Möllemanns als Parteivize. Das sei "die einzige Chance, damit in der FDP wieder Geschlossenheit eintritt". Niemand könne wissen, was Möllemann noch alles einfalle. Die Frage ihres eigenen Parteiaustritts hat sich nach Angaben von Hamm-Brücher "derzeit" erledigt. Alle drei von ihr geforderten Punkte seien "im Augenblick bereinigt". Gleichwohl sieht die 81-Jährige den Kurs der Partei weiter kritisch. "Meine Besorgnis ist, dass es diesen Trend gibt zu einer Partei, die haiderisieren will", sagte sie in Anspielung auf den österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider. Die Idee einer "Protestpartei der Mitte" sei den deutschen Liberalen nicht zuträglich. Widerspruch kam auch aus Möllemanns eigenem Landesverband. Der stellvertretende NRW-Landesvorsitzende Andras Pinkwart warf Möllemann schlechten Stil vor, der ihm selbst und dem Landesverband schade. Der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, nannte Möllemann dagegen als Parteivize "unverzichtbar". Aus der FDP-Spitze in Berlin hieß es, das "Projekt 18" bei der Bundestagswahl habe sich durch den von Möllemann angezettelten "katastrophalen" Antisemitismusstreit erledigt. Wenn am Sonntag Wahl wäre, kämen die Liberalen neuesten Umfragen zufolge nur auf zehn Prozent. Westerwelle erklärte mit Blick auf Baum und Hamm-Brücher, er halte die Diskussionsbeiträge von Mitgliedern der älteren Generation in der FDP für "unverzichtbar". FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper nannte Möllemanns Angriffe "kindisch" und forderte eine Entschuldigung. "Ich finde es nicht fair, wie er gesagt hat, die sollten sich auf ihr Altenteil zurückziehen." Aus Piepers Sicht ist die Antisemitismus-Debatte nach Möllemanns Entschuldigung bei den jüdischen Mitbürgern aber beendet. Am Dienstag werde es ein Gespräch der FDP mit dem Zentralrat der Juden geben - aber ohne Möllemann. Der Vize-Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach, sagte, Möllemann sei "für die Union eine Zumutung". Er könne sich "nicht vorstellen, dass die FDP eine Koalition davon abhängig macht, dass Herr Möllemann einen Platz im Bundeskabinett erhält". Derweil steht die Deutsch-Arabische Gesellschaft mit ihrem Vorsitzenden Möllemann vor einer Zerreißprobe. Der SPD-Nahost-Experte Christoph Moosbauer, der seinen Vizevorsitz bereits ruhen lässt, erwägt seinen endgültigen Rückzug. Nur ein "radikaler Kurswechsel" könne das noch abwenden. Möllemann selbst sagte zwei im Rahmen seiner Wahlkampagne geplante Fallschirmsprünge in Solingen und Leverkusen ab. Am 18. Juni will er aber mit 17 weiteren Fallschirmspringern auf der Documenta in Kassel wieder die Reißleine ziehen.