Das traurige Ende des Amerika-Hauses: Ein Stück Geschichte wurde abgerissen

Hamburg. Es ist ein trauriger Anblick. Hamburgs Amerika-Haus an der Tesdorpfstraße ist in der vergangenen Woche Opfer der Abrissbirne geworden. Sang- und klanglos wurde damit ein Gebäude zerstört, in dem Generationen von Schülern, Studenten, Lehrern, Journalisten, Diplomaten und Touristen ein- und ausgingen. Eine 40-jährige Ära ist endgültig zu Ende gegangen. Zurück bleibt ein Trümmerhaufen, und Hamburg hat es nicht bemerkt.

Der Abriss des 1957 gebauten Hamburger Amerika-Hauses ist einmalig in Deutschland. Amerika-Häuser entstanden in den späten 40er- und frühen 50er- Jahren. Sie dienten der "Umerziehung" der Nazi-Generation. 1955 gab es gut 40 Amerika-Häuser in Deutschland. Als das Land zunehmend demokratisch und pro-amerikanisch wurde, ließ die US-Regierung viele Häuser schließen. Sie wurden in Deutsch-Amerikanische Institute umgewandelt oder anderweitig genutzt. In Essen, Bremen, Saarbrücken, Heidelberg, Tübingen, München oder Freiburg stehen die "alten" Amerika-Häuser noch heute, ebenso in Köln und Frankfurt.

Das erste Hamburger Amerika-Haus stand an der Ecke Lombardsbrücke/Ballindamm. Es wurde 1949 eingeweiht, fast 40 Menschen arbeiteten dort. Als 1957 der Neubau an der Tesdorpfstraße eingeweiht wurde, hielten Hamburgs Bürgermeister und der US-Botschafter optimistische Reden. 40 Jahre war das Amerika-Haus am Dammtorbahnhof Zentrum intensiver deutsch-amerikanischer Kommunikation. Im Juli 1997 zogen die Amerikaner aus. Seitdem stand das Gebäude leer.

Das Haus an der Tesdorpfstraße war in Hamburg beliebt. In einer großen Aula traten Theatergruppen auf, Literaten und Hochschullehrer füllten den Saal. Hier sprachen James Baldwin, Susan Sontag, Alan Ginsberg, Erica Jong oder Geraldine Ferraro, die 1984 als erste Frau Vizepräsidentin der USA werden wollte. Gore Vidal, der große Kritiker der US-Außenpolitik, wetterte 1993 gegen die imperiale US-Macht, Joyce Carol Oates las vor vollem Haus aus ihren Romanen, und viele Hamburger strömten während der Wahlnacht in den Saal, um auf der Großleinwand den neuen US-Präsidenten zu erleben.

Besonders beliebt: die Bibliothek. Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Videos, Tonkassetten und Karten standen der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung.

Ganze Generationen von Studenten der Universität Hamburg nutzten das Amerika Haus für Seminararbeiten über amerikanische Literatur, Geschichte und Politik. Aktuelle Buchausstellungen präsentierten die neusten Werke aus New York oder Chicago.

Der Verein "Amerikazentrum Hamburg" sorgte dafür, dass die amerikanischen Bücher nicht unter dem Trümmerberg der Tesdorpfstraße begraben wurden. Der Verein arbeitet an Plänen für ein neues Amerika-Zentrum, das heute provisorisch im Curio-Haus untergebracht ist. Eine Spendenaktion mit US-Botschafter Coats hat jüngst dafür die Kassen gefüllt.

Der Abriss des Amerika-Hauses ist kein Ruhmesblatt in der Geschichte Hamburgs. Wie ein verfehltes Symbol schlechter deutsch-amerikanischer Beziehungen musste es am Ende einem Hotelanbau weichen. Und nichts wird an die 40 Jahre deutsch-amerikanischer Kommunikation an der Tesdorpfstraße erinnern.