Securvita: Kassen-Chef Ellis Huber ist empört. Andere Kassen mindern Beiträge kaum

Hamburg. Ein frohes neues Jahr? Für Ellis Huber, Vorstandschef der Hamburger Betriebskrankenkasse Securvita (120 000 Mitglieder), ist es das ganz und gar nicht. Denn eigentlich sollten Securvita-Versicherte seit dem 1. Januar einen Beitragssatz von 12,9 Prozent bezahlen - statt wie bisher 14,5 Prozent. Doch die zuständige Aufsichtsbehörde - das Bundesversicherungsamt (BVA) - hat den Beschluss der Kasse noch nicht genehmigt.

Huber nennt das einen "unglaublichen Vorgang", gibt sich aber kämpferisch: "Unser Beitrag wird auf jeden Fall sinken. Es ist nur eine Frage, wie weit. Das BVA wird sich uns beugen müssen." Dort gibt man sich bockig, weil die finanzielle Entwicklung der Kasse, wie ein Sprecher mitteilte, sehr unterschiedlich eingeschätzt werde. Die Gespräche dauerten an.

Der Securvita-Chef kann all das nicht nachvollziehen. "Wir haben im Gegensatz zur Mehrheit der Branche 2003 kein Defizit aufzuweisen, sondern einen Überschuss von zehn Millionen Euro", zählt er auf. "Wir haben zudem noch die erheblichen Entlastungen durch die Gesundheitsreform - all das würden wir gerne dem Wunsch der Politik entsprechend an unsere Mitglieder weitergeben."

In der Tat mutet der Streit zwischen der Securvita und dem BVA etwas skurril an. Da fordert Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) seit Monaten gebetsmühlenhaft die sich mehrheitlich bockig zeigenden Kassenchefs auf, die Beiträge zum Jahresanfang zu senken - und eine Krankenkasse die unbedingt senken will, die darf dann nicht.

Huber macht die "beharrliche Kontrollbürokratie" im Gesundheitswesen dafür verantwortlich. "Wer sich wie die Securvita für Neuerungen einsetzt, muss mit Widerständen rechnen", schimpft der frühere Ärzte-Chef in Berlin. "Es war also zu erwarten, dass das BVA uns Schwierigkeiten macht." Ellis Huber gilt in der Branche als fast schon hoffnungslos idealistischer Kämpfer für ein, wie er es nennt, "Gesundheitswesen, in dem alle solidarisch handeln und ohne Misstrauen miteinander für mehr Effizienz kämpfen". Das bestehende System sei "fachlich und moralisch" am Ende. Neue Köpfe, neue Strukturen und ein neues Bewusstsein müssten her.

Hubers Ideen einer Neuorientierung des Gesundheitssystems in allen Ehren - die Wirklichkeit sieht anders aus. Da wird über Wochen schon zwischen Politik, Kassen und Verbänden gedroht, gefeilscht und angekündigt, dass es der überforderte Bürger einfach nicht mehr nachvollziehen kann. Nur eins steht fest: Die Kassenbeiträge sinken einfach nicht so, wie es die Politik im Sommer zugesagt hat. Zur Erinnerung: Weil die Versicherten alle Praxisgebühr bezahlen, mehr Zuzahlungen leisten und sich den Zahnersatz bald selbst versichern, sollte als Gegenleistung der durchschnittliche Beitragssatz aller gesetzlichen Kassen von 14,3 Prozent zum 1. Januar 2004 drastisch sinken.

Das Abendblatt hat gestern einmal nachgerechnet: Der durchschnittliche Beitragssatz aller 92 offenen Krankenkassen in Hamburg betrug am 4. Januar exakt 14,17 Prozent - einen kümmerlichen Zehntelpunkt unter dem Durchschnittssatz im Dezember. Und Besserung ist nicht in Sicht - obwohl Ulla Schmidt dies weiter beharrlich ankündigt. Rolf Rosenbrock etwa, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, rechnet mit einem Beitrag "über 14 Prozent".

Etwas Hoffnung bleibt aber noch. Denn es könnte ja sein, dass die Reformen in diesem Jahr doch noch mehr Entlastungen bringen, als alle erwarten. Oder die Kassen entdecken, dass ihnen das Wasser doch noch nicht bis zum Hals steht. Alles Hoffnungen, die auch Ulla Schmidt umtreiben.